02 Oktober 2010

Erleichterte Wechselwilligkeit bei § 140 I 1 StPO

Bisher musste leider festgestellt werden, dass die an sich wünschenswerte Neuregelung des § 140 Abs. 1 Nummer 4 StPO oft dazu führte, dass Gerichte schon in einer sehr frühen Phase inhaftierten Beschuldigten gerichtsgenehme Rechtsanwälte beigeordnet haben, die so genannten Kuschel-Spezies.

Das Landgericht Krefeld (NStZ 2010, 591 f.) hat jetzt eine Möglichkeit eröffnet, diese Mauschelnähe schnell wieder aus dem Weg zu schaffen:
Die Vorschrift des § 142 I 1 StPO, wonach dem Beschuldigten vor Bestellung eines Pflichtverteidigers Gelegenheit gegeben werden soll, innerhalb angemessener Frist einen Verteidiger seiner Wahl zu bezeichnen, gilt auch für Fälle der notwendigen Verteidigung nach § 140 I Nummer 4 StPO. Danach darf der Haftrichter im Vorführungstermin mit der Bestellung eines Pflichtverteidigers zuwarten, sofern der Beschuldigte keinen Verteidiger benennen kann und nicht ausdrücklich um sofortige Verteidigerbeiordnung nachsucht. Erfolgt die Pflichtverteidigerbestellung gleichwohl unverzüglich im Vorführungstermin, so kann auf Antrag des Beschuldigten der Pflichtverteidiger gegen den von ihm nunmehr bezeichneten Rechtsanwalt des Vertrauens ausgewechselt werden, ohne dass es auf eine Störung des Vertrauensverhältnisses zum bestellten Pflichtverteidiger ankommt.




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7 Kommentare:

Hotzenplotz hat gesagt…

Man muss sich schon entscheiden, was einem rechtspolitisch wichtiger ist: dass möglichst früh ein Verteidiger da ist, oder dass auf jeden Fall ein Wunschverteidiger da ist. Die Konsequenz aus der Rechtsauffassung des LG Krefeld kann eigentlich nur sein, praktisch zur früheren Praxis zurückzukehren. Wüde Ihnen das wirklich besser gefallen?

Werner Siebers hat gesagt…

@Hotzenplotz

Ja, lieber zurück zur früheren Praxis, jedenfalls an den vielen Gerichten, an denen die Richterschaft die Neuregelung erkennbar dazu ausnutzt, sofort die eigenen widerstandslosen Spezeln beizuordnen, mit denen man gern nicht nur Kaffee trinkt, sondern die den Richtern zur Not auch noch rückwärtige verschmutzte Körperteile abwischen würden.

Detlef Burhoff hat gesagt…

warum denn ein LG. Die Frage hat doch schon längst das OLG Düsseldorf (auch) entschieden. vgl. hier: http://blog.strafrecht-online.de/2010/05/olg-duesseldorf-erstes-obergerichte-zu-den-neuen-140-abs-1-nr-4-142-abs-1stpo-wenn-vorschrift-nicht-beachtet-ist-pflichtverteidiger-auszuwechseln/

kj hat gesagt…

Ich denke den Richtern ist es allgemein egal mit wem der Angeklagte kuscheln will. Denke es ist die Ausnahme, das einem Angeklagten sein Wunschverteidiger abgeschlagen wird.
So ein wandelnder StPO kommentar wie Herrn Burhoff wäre natürlich ideal, wenn es auch in der Verhandlung sachlich wäre, aber sowas findet man halt nicht für alle Fälle.
Denke RA Siebers wird wohl auch genug Pflichtverteidigungen von Richtern bekommen, falls er nicht erwartet, nur die Rosinenfälle zu erhalten.
Manche Verteidiger kennen nur das Schweigen des Angeklagten und den Konfrontationskurs als Verteidigungsstrategie, selbst wenn das Gericht eine Bewährungsstrafe bei einem Geständnis signalisiert und die Beweislage für den Angeklagten katastrophal ist.

kj hat gesagt…

Ich denke den Richtern ist es allgemein egal mit wem der Angeklagte kuscheln will. Denke es ist die Ausnahme, das einem Angeklagten sein Wunschverteidiger abgeschlagen wird.
So ein wandelnder StPO kommentar wie Herrn Burhoff wäre natürlich ideal, wenn es auch in der Verhandlung sachlich wäre, aber sowas findet man halt nicht für alle Fälle.
Denke RA Siebers wird wohl auch genug Pflichtverteidigungen von Richtern bekommen, falls er nicht erwartet, nur die Rosinenfälle zu erhalten.
Manche Verteidiger kennen nur das Schweigen des Angeklagten und den Konfrontationskurs als Verteidigungsstrategie, selbst wenn das Gericht eine Bewährungsstrafe bei einem Geständnis signalisiert und die Beweislage für den Angeklagten katastrophal ist.

Detlef Burhoff hat gesagt…

"wandelnder StPO kommentar " Danke :-)

Helmut Karsten hat gesagt…

Ob man als Beschuldigter eine Gerichtsnutte oder einen Plastik-StA als Verrteidiger beigeordnet bekommt, ob man einen fähigen und motivierten Verteidiger selbst benennt,
ES IST VOLLKOMMEN WURSCHT!
Was soll das Theaterspiel um Recht, Gesetz und Gerechtigkeit, wenn diejenigen die anklagen und verurteilen, rechtsimmun sind, werden die das Recht zurechtbeugen wie es denen gefällt........
Warum besuchte mich denn der Kripo-Gestazi-Mann in Schutzhaft (t'schuldigung, 'U-Haft') obwohl ich es unzweifelhaft klargemacht habe, dass ich ohne RA nix aussagen werde. Es hat dann nochmal eine Woche gedauert, bis ich einen Verteidiger gesehen habe. Die Verletzungen, die mir der Frustschläger zugefügt hatte, waren dann nicht mehr sichtbar. Die gerichtsmedizinischen Bilder, die noch am Tatag gemacht wurden, hat mir der spätere 'Verteidiger'
(ich hab' da andere Worte dafür) auch niemals sehen lassen.

 

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