30 November 2005

JVA Celle Hochsicherheitsbereich

Ok, es ist ein paar Jahre her, dass ich letztmalig in der JVA Celle I gewesen bin. Damals war ich mit dem Motorrad "angereist" und musste dann meine Stiefel ausziehen, weil da ja nun alle Ausbruchswerkzeuge hätten versteckt sein können. Nett war do noch, dass ich das "bic"-Feuerzeug abgeben musste, weil darin wohl ein hochfester Draht verbaut ist, mit dem man Gittersäge durchschneiden kann.

Und heute: ich finde es ja ok, dass die Autoschlüssel verdächtig sind, weil noch die Fernbedienung für die Standheizung daran hängt und damit einen verdächtigen Eindruck macht ... könnte ja ein verwunschenes Handy sein. Dass aber der Metallkugelschreiber gegen einen solchen aus Plastik getauscht werden musste, in dem eine Metallmiene steckte, da dacht ich doch, die spinnen, die Celler.

Hooligans V

Zwei Braunschweiger Gewalttäter waren an der Massenschlägerei zwischen 43 deutschen und 55 polnischen Hooligans am vergangenen Sonntag nahe Frankfurt/Oder beteiligt.

"Braunschweigs Hooligan-Szene ist mit die aktivste in Deutschland", sagt Holger Dreyer, Leiter der Szenekundigen Beamten (SKB) der Braunschweiger Polizei. Die Zahl der gewaltbereiten Hooligans in Braunschweig schätzt ein Kenner der Szene auf 100.
Braunschweiger Hooligans bilden eine Koalition mit Magdeburg, Berlin und Basel.

Schon bedenkenswert ist, dass es sich bei diesem Beamten um einen solchen handelt, der vor einigen Tagen als Zeuge vor dem Amtsgericht Braunschweig berichtet hat, dass er sich in den Dienst versetzt hatte, um erkennbar betrunkene grölende Fans so anzusprechen, dass daraus eine heftige Prügelei entstanden ist.

Hooligans erhalten Platzverweise, können Polizeibeamte versetzt werden?

Hooligans IV

Anfang April 2005 meinte Franz Beckenbauer noch, dass Krawallmacher und Hooligans bei der Weltmeisterschaft 2006 keine Chance haben sollen.

Der Präsident des WM-Organisationskomitees, Franz Beckenbauer, und DFB-Chef Gerhard Mayer-Vorfelder haben Ausschreitungen wie zuletzt beim Länderspiel in Slowenien für die Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 ausgeschlossen. "Die Sicherheitskräfte in Slowenien haben das Problem trotz Warnungen unterschätzt. Diese Krawallmacher suchen sich solche Länder aus. Aber bei der WM in Deutschland wird das nicht passieren. Dafür wird Innenminister Otto Schily garantieren", sagte Beckenbauer.

Ähnlich zuversichtlich äußerte sich Mayer-Vorfelder. Er sei angesichts der schlimmen Ausschreitungen deutscher Hooligans in Skopje "erschüttert" gewesen. "Das waren 30, 40 Verrückte, die hatten hassverzerrte Gesichter. So etwas hätte ich nicht für möglich gehalten", sagte der DFB-Präsident. "Aber ich bin sicher, dass wir in Deutschland mit solchen Leuten fertig werden."

Ob diese Sicherheit nicht eher ein gefährlicher Trugschluss ist, wird sich zeigen müssen.

Hooligans III

Gewalttaten und Krawalle von Hooligans sollen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland mit aller Macht verhindert werden. Eine wichtige Rolle soll dabei die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze spielen.

"Es ist das größte organisatorische Projekt, das wir je hatten", sagt Andreas Morbach, stellvertretender Leiter der ZIS, in einem dpa-Gespräch. Und das gewichtigste Vorhaben seit Gründung der ZIS 1991: "Wir wollen uns keine Blöße geben, es darf nichts schief gehen."

Wenn man aber sieht, dass Stadioverbote noch heute auf DFB-Statuten gestützt werden, die von "Einstellung wegen erwiesener Unschuld" sprechen, also von einer Rechtslage, die es seit Jahrzehnten nicht mehr gibt, kann man so seine Zweifel an der Kompetenz der "Verhinderer" haben.

Hooligans II

Laut Stern gab es am Wochenende in Griechenland schwere Ausschreitungen. Am späten Sonntagabend richteten Hooligans in der Kleinstadt Livadeia Schäden in Millionenhöhe an und lieferten sich eine Stunde lang Zusammenstöße mit der Polizei. Wie das griechische Fernsehen am Montagmorgen berichtete, kam es zu den Zusammenstößen, als eine Gruppe von rund 200 Fans des Athener Erstligisten AEK Athen beim Spiel gegen Levadeiakos versuchte, ohne Eintrittskarten in das Stadion zu gelangen.

Die Hooligans warfen Steine auf die Polizisten und zündeten zwei Übertragungswagen des griechischen Fernsehsenders Alpha an. Es entstanden nach Angaben des Senders Schäden in Höhe von zwei Millionen Euro. Das Spiel musste für etwa 30 Minuten unterbrochen werden. Vier Beamte wurden leicht verletzt, das gab das Krankenhaus der Stadt bekannt.

Die Griechen haben also nicht nur ihr fussballerisches Niveau an das mitteleuropäische Niveau angepasst.

Hooligans I

Der Schweizer Blick und andere Zeitungen berichten, dass sich rund 100 deutsche und polnische Hooligans in einem Wald bei Berlin getroffen haben. Zweck des Meetings: eine Massenschlägerei.

«Rund 100 Personen der Hooligan-, Türsteher- und Rockerszene», so berichtet die deutsche Polizei, hatten sich in einem Waldstück in der Nähe von Berlin verabredet

Die Hooligans lieferten sich dort eine Massenschlägerei, bis die Ordnungshüter eingriffen. Rund 30 deutsche und 55 polnische Schläger wurden erkennungsdienstlich erfasst.

Gegen sie seien Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung eingeleitet worden. Wie viele Verletzte es gab, wurde nicht gemeldet.

Brisant an der Geschichte: Auf deutscher Seite wurde auch mindestens ein Gewalttäter teilgenommen, der an den Krawallen während der Fussball-WM 1998 beteiligt war und dafür auch verurteilt wurde.

Man muss sich wohle auf eine heisse Weihnacht einstellen.

29 November 2005

BGH hebt die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung auf

Der BGH hat am 25.11.2005 zur nachträglichen Sicherungsverwahrung u.a. ausgeführt:

§ 66 b Abs. 1 und 2 StGB setzt ausdrücklich voraus, dass nach einer Verurteilung wegen einer der dort angeführten Straftaten zu einer Freiheitsstrafe vor Ende des Vollzugs dieser Freiheitsstrafe Tatsachen erkennbar werden, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen. Dies bedeutet, dass sich neue Tatsachen ergeben haben müssen, die in dem früheren Verfahren nicht bekannt oder wenigstens erkennbar gewesen sein dürfen. Angesichts der Tragweite des mit der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung verbundenen Eingriffs in die Rechtskraft des Ausgangsurteils und des hohen verfassungsrechtlichen Ranges des Freiheitsgrundrechtes des Betroffenen muss es sich um erhebliche Tatsachen handeln. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nur bei einer geringen Anzahl denkbarer Fälle in Betracht kommen. Die neuen Tatsachen müssen im Lichte des Verhältnismäßigkeitsprinzips schon für sich und ungeachtet der notwendigen Gesamtwürdigung aller Umstände Gewicht haben im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung anderer. So kann zum Beispiel nicht schon jeder während des Vollzugs aufgetretene Ungehorsam ungeachtet seiner Neuheit im Sinne des § 66 b Abs. 1 und 2 StGB die Einleitung eines Verfahrens über die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung, welches schon als solches eine erhebliche Belastung des Betroffenen darstellt, rechtfertigen. Das Verfahren nach § 66 b StGB dient auch nicht der Korrektur rechtsfehlerhafter früherer Entscheidungen, die von der Staatsanwaltschaft nicht beanstandet wurden. Nur wenn wirklich erhebliche neue Tatsachen während des Vollzugs erkennbar werden, kann dies zur Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung führen.

Eine Entscheidung, die Strafverteidiger sofort in ihren aktuellen Wissensschatz integrieren sollten.

Wirtschaftsdelikte in der Schweiz

Wirtschaftsdelikte sind eine zunehmende Bedrohung für schweizer Unternehmen. Entdeckt werden sie häufig nur durch Zufall. Und sie haben in den letzten zwei Jahren stark zugenommen, wie eine Studie von Price Waterhouse Coopers zeigt, berichtet die Neue Zürcher Zeitung.

Auch die schweizer Strafverteidiger sehen diese Entwicklung mit durchaus interessiertem Blick.

Kostenrechtspfleger und Bezirksrevisoren

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat den Abbau von 8000 Beamtenstellen angekündigt. Die Bundesregierung wolle die Personalausgaben um insgesamt eine Milliarde Euro senken, sagte Steinbrück der «Frankfurter Rundschau».

Und ich habe da auch einen Vorschlag. Die Leutchen, die 30.000 Seiten Kopien durchsehen, um dann festzustellen, dass 37 Kopien unnnötig waren, bei Nachfragen aber nicht wissen, welche Kopien das waren, braucht kein Mensch.

Weiteres über die VW - Affäre

Die Braunschweiger Zeitung berichtet weiter über die VW-Affäre:

Ex-Skoda-Vorstand Helmuth Schuster bricht in der VW-Affäre sein Schweigen. Er will demnächst bei der Staatsanwaltschaft aussagen.

Schuster gilt neben dem ebenfalls gefeuerten Personal-Mitarbeiter Klaus-Joachim Gebauer als Schlüsselfigur der VW-Affäre. Als Beschuldigter kann er selbst entscheiden, ob er bei der Staatsanwaltschaft aussagt. Dies steht offenbar kurz bevor.

Schuster sei bereit zur Aussage, erfuhr unsere Zeitung aus zuverlässiger Quelle. Mit der Staatsanwaltschaft werde bereits ein Termin abgestimmt. Schuster wolle sich zu dem Komplex von Vergnügungen auf VW-Kosten umfassend äußern.

Gegenüber der Tageszeitung "Die Welt" sagte Schuster bereits, der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Uhl sei Hauptnutznießer von Vergnügungsprogrammen auf VW-Kosten gewesen. Schuster: "Hans-Jürgen Uhl stand bei fast allen Gelegenheiten in der ersten Reihe." Dazu erklärte Uhl gegenüber unserer Zeitung: "Diese Behauptungen entbehren jeglicher Grundlage."

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig eine weitere Vernehmung von Klaus-Joachim Gebauer angekündigt. Ein Termin steht noch nicht fest. Gebauer hatte am Freitag knapp sechs Stunden lang in Hannover ausgesagt.

28 November 2005

Gammelfleisch überall

Damit wir alle wissen, was wir essen:

Im Skandal um Gammelfleisch kommen immer mehr dunkle Machenschaften ans Licht: In Nordrhein-Westfalen tauchten erneut mehr als 4,5 Tonnen verdorbenes Fleisch auf. Erstmals wurde zudem auch der Betrieb eines Großhändlers in Baden-Württemberg geschlossen, weil Kontrolleure tonnenweise verdorbene und umetikettierte Fleisch- und Wurstwaren entdeckten.

In Bonn stellten Kontrolleure im Tiefkühlhaus eines Fleischgroßhändlers zwei Tonnen Ware mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 2003 sicher, wie die Landesregierung mitteilte. Das Fleisch habe Gefrierbrand aufgewiesen. In Mönchengladbach wurden 2,5 Tonnen ungenießbare Ware in einem Kühlhaus sichergestellt. Bei einer Betriebsprüfung in Versmold im Kreis Gütersloh wurden einige Paletten Fleisch unbekannter Herkunft sichergestellt.

Es ist ja fein, angenehm und vornehm, dass alle Politiker jetzt mitteilen, dass hart durchgegriffen wird. Aber wer erklärt eigentlich, wo diese Herrschaften in der Vergangenheit waren. Gibt es etwa eine Fleischmafia, die für wegsehende Politiker das ein oder andere Weihnachtsgeschenk parat hatten. Man weiß es nicht so genau.

Schönhuber - wieder einer weniger

Kurzmeldung bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung:

Franz Schönhuber, Republikaner-Gründer, soll offenbar tot sein.

Ekelgemüse und Kotzobst

In einem einzigartigen Großtest hat Greenpeace 658 Obst- und Gemüseproben führender Lebensmittelketten auf giftige Pestizide untersucht. Und das Ergebnis? Was wollen wir eigentlich noch essen?

WASA mit BECEL und Rindenmulch .. oder so?

VW und Affäre, irgenwie gehörts zusammen

In der Braunschweiger Zeitung ist nachzulesen, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig in der VW-Affäre eine weitere Vernehmung des früheren VW-Personalmanagers Klaus-Joachim Gebauer angekündigt hat. Einen Termin nannte ein Sprecher der Behörde am Montag nicht. Gebauer, eine der Schlüsselfiguren der Affäre um Schmiergelder und Lustreisen auf Firmenkosten, war am Freitag zum dritten Mal vernommen worden. In der fünfeinhalbstündigen Befragung sei es vor allem um umstrittene Eigenbelege gegangen. Gegen Gebauer wird wegen des Verdachts auf Untreue und Betrug ermittelt.

Mal sehen, was nun noch so alles zu Tage tritt.

Rechtsbeugung beim Oberlandesgericht Naumburg?

Wird in Naumburg besonderes Recht gemacht? Pressemitteilung der Bundesvereinigung der Fachanwälte für Strafrecht e.V. ( BdFfS ).

Großer Senat für Strafsachen des BGH zum Handeltreiben mit BTM

Der Kollege Strate aus Hamburg berichtet in www.hrr-strafrecht.de:

Mit dem Beschluss BGH GS HRRS 2005 Nr. 871 hat der Große Senat für Strafsachen eine Änderung der Auslegung des unerlaubten Handeltreibens im Betäubungsmittelstrafrecht abgelehnt. Es bleibt damit insbesondere weiter bei folgender Auslegung:

Für die Annahme vollendeten Handeltreibens reicht es aus, dass der Täter bei einem beabsichtigten Ankauf von zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln in ernsthafte Verhandlungen mit dem potentiellen Verkäufer eintritt. (BGHSt)

Ist damit auch die Vorlage des 3. Strafsenats abgelehnt, bleibt doch zur treffenden Aufnahme dieser Entscheidung anzumerken, dass der Große Senat für Strafsachen die bereits erwartete (vgl. bereits HRRS 2004, 165, 167) Bereitschaft des BGH signalisiert, in Grenzfällen insbesondere durch eine entsprechende Prüfung von Täterschaft und Teilnahme Restriktionen im Einzelfall herbeizuführen. Eine völlig gleiche Praxis im Umgang mit dem Handeltreiben sollte insofern nicht das Ergebnis des Anfrage- und Vorlageverfahrens des 3. Strafsenats sein.

Ob die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen der weiten Auslegung des Handeltreibens freilich weitere 80 Jahre Bestand sichert, muss abgewartet werden: Zum einen lädt die Entscheidung zu einer Kasuistik ein, die nunmehr sogar weitere allgemeine Grundsätze des Strafrechts (Täterschaft und Teilnahme) im Betäubungsmittelstrafrecht außer Kraft setzen will. Zum anderen hat der Große Strafsenat die gerade auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht erhobenen Einwände kaum in ihrer eigentlichen Schärfe behandelt. So könnte es sein, dass die Überlegung Roxins zum Tragen kommt, der bereits eine langfristige Lösung der Problematik durch das Bundesverfassungsgericht erwogen hat (vgl. Roxin StV 2003, 619, 622 und zu den verfassungsrechtlichen Einwänden auch HRRS 2004, 165, 168 ff.). Durch den Verweis auf frühere Kammerentscheidungen wird dies für die hier behandelten Fragen zum Versuch des Handeltreibens nicht ausgeräumt, zumal sich die Bestimmtheitsrechtsprechung des BVerfG fortentwickelt hat.

27 November 2005

Liechtenstein und Abtreibung

AOL berichtet, dass radikale Abtreibungsgegner in Liechtenstein mit ihrem Vorstoß gescheitert sind, jede Form des Schwangerschaftsabbruchs verbieten zu lassen. 81,3 Prozent der Stimmberechtigten in dem kleinen Fürstentum votierten am Sonntag bei einer Volksabstimmung gegen die Initiative "Für das Leben", die den umfassenden Schutz des Lebens "von der Empfängnis an bis zum natürlichen Tod" in der Verfassung festschreiben wollte. Neben der katholischen Kirche hatte sich auch Erbprinz Alois offen für die Initiative eingesetzt, die im Parlament gescheitert war.

Oberlandesgericht Hamm zu Verkaufsveranstaltungen

In einem Wettbewerbsrechtsstreit hatte das Landgericht Bielefeld in erster Instanz einem Reiseunternehmer untersagt, mit dem in einem Pauschalreiseangebot enthaltenen Besuch eines Teppichknüpfzentrums zu werben, wenn ein Hinweis darauf fehlt, dass in dem Teppichknüpfzentrum eine Verkaufsveranstaltung durchgeführt werden soll.

Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden, nachdem der Reiseveranstalter aufgrund eines deutlichen Hinweises des Oberlandesgerichts Hamm die Berufung zurückgenommen hat.

Mehr hier.

Verdammt! Die Polizei


Sind Polizeibeamte, die sich beim Castor-Transport gegenseitig verprügeln, respekteinflößend?

Staatsanwaltschaft Halle gegen OLG-Richter aus Naumburg

Die Staatsanwaltschaft Halle soll gegen drei Richter und eine Richterin des Oberlandesgerichts Naumburg ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Rechtsbeugung eingeleitet haben. Im Juni soll deshalb das Bundesverfassungsgericht dem Naumburger OLG-Senat bescheinigt haben, dass er "außerhalb seiner Zuständigkeit unter Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht" gehandelt haben soll.

Daraufhin seien mehrere Strafanzeigen eingegangen. Die Staatsanwaltschaft Halle soll nunmehr einen Anfangsverdacht bejaht haben.

Es drängt sich die Frage auf, wie es denn sein kann, dass es von Juni bis November braucht, dass die Ermittler sich warm laufen. Auch wird zu beobachten sein, ob die Staatsanwaltschaft Hallt stark genug sein wird, die Ermittlungen mit genügender Energie gegen die OLG-Richter zu führen. Bei der Staatsanwaltschaft Halle hat es schon Fälle gegeben, dass Akten monatelang unbearbeitet in irgendwelchen Aktenschränken "untergegangen" sind.

Google - Killer

Die BILD berichtet folgende feine Geschichte:

Bei Google findet sich alles: Sonderangebote, Adressen, Nachrichten, Wegbeschreibungen, Fotos – und Anleitungen zum Mord. 49,6 Millionen Hinweise spuckt die Internet-Suchmaschine bei „how to kill a man“ (wie töte ich einen Menschen) aus.

Robert James Petrick soll dieses Angebot eiskalt genutzt haben. Der 51jährige Computerexperte steht in Durham im US-Bundesstaat North Carolina wegen Mordes an seiner Frau vor Gericht. Die Anklage behauptet, Petrick habe Janine Sutphen (57) getötet und ihren Leichnam in einem See versenkt. Ist Robert James Petrick der erste Google-Killer? Das Urteil wird nächste Woche gesprochen, ihm droht „lebenslänglich“.

Laut Staatsanwalt Mitchell Garrell soll Petrick im Januar 2003 seine Frau, eine Cellistin des örtlichen Symphonieorchesters, mit einem Kissen erstickt haben: Die Leiche stopfte er in einen Schlafsack, wickelte sie in eine Plane und versenkte das gutverschnürte Paket mit einer Kette um die Beine im nahegelegenen Falls Lake – so der Staatsanwalt. Bei der Polizei meldete er seine Frau als vermißt. Vier Monate später tauchte die Tote wieder auf, war von Anglern gefunden worden.

Beweise für diese Tat hat Garrell trotz 60 geladener Zeugen nicht, nur Indizien. Die wichtigsten liefert dabei die Suchmaschine Google. Auf dem Computer von Petrick fanden Experten Links zu Internet-Seiten wie „22 Wege, einen Menschen mit bloßen Händen zu ermorden“ sowie Suchanfragen zu Begriffen wie „Genickbrechen“. Informationen suchte Petrick auch monatelang zum Falls Lake, wo er die Leiche versenkt haben soll.

Petrick hatte, so Staatsanwalt Mitchell Garrell, auch ein Motiv. Die Cellistin soll hinter das Doppelleben ihres Mannes gekommen sein. Petrick sei Mitglied eines Hexenkults und soll mit mindestens zwei Mitgliedern Sexaffären gehabt und sein intensives Liebesleben über das Konto seiner Frau finanziert haben. Wegen Scheckbetrugs muß der mutmaßliche Mörder bereits elf Jahre Haft absitzen. Petrick weist alle Vorwürfe zurück.

Wenns denn stimmt, sollte man seinem Partner hin und wieder über die Schulter schauen, wonach er denn so googelt.

bandenmäßige Polizei

So, wie heute in der Braunschweiger Zeitung, liest man es tagtäglich in verschiedenen örtlichen Gazetten:

In enger Zusammenarbeit mit der Jugendstaatsanwaltschaft erwirkten die Ermittler des Fachkommissariats Jugendkriminalität zwei Haftbefehle gegen die Rädelsführer einer etwa zehnköpfigen Jugendbande, auf deren Konto etliche Kioskaufbrüche und Zigarettendiebstähle in der Weststadt gehen sollen.

Da werten Polizeibeamte die Tatsache, dass mehrere Personen etwas "anstellen", als Beweis einer Bande. Es wird hochwichtig wegen eines Bandendeliktes ermittelt, die Akte läuft unter dem Begriff "Bande", der Staatsanwalt bekommt das Mahl als "Bande" serviert, es wird Bandenkriminalität angeklagt.

Soll es da noch wundern, dass Richter Verteidiger verwundert ansehen, wenn sie Zweifel an bandenmäßigem Vorgehen anmelden?

26 November 2005

Gegen Nazis - und doch bestraft

Die Sueddeutsche Zeitung berichtet über verschiedene Fälle, in denen Bürger, die sich gegen Nazis, Hakenkreuzschmierereien usw. wehren, plötzlich selbst von den Ermittlungsbehörden verfolgt werden. Eins der Beispiele ist Frau Mensah-Schramm.

Irmela Mensah-Schramm praktiziert ihren persönlichen Aufstand der Anständigen mit einem Eimer Farbe und einem Roller aus dem Baumarkt. Mehrmals pro Woche zieht die 59 Jahre alte Berlinerin durch Deutschland. Dann übermalt sie Hakenkreuz-Schmierereien, kratzt Nazi-Plakate ab und übertüncht Hassparolen mit einer Farbschicht. Jede der überpinselten Schmierereien hat Mensah-Schramm fotografiert.

Für die Wanderausstellung, in der sie die Bilder seit einigen Jahren dokumentiert, hat sie im Sommer 2005 den Erich-Kästner-Preis für Toleranz erhalten. Jetzt haben sie Polizisten aus Potsdam angezeigt – wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

„Wer schweigt, stimmt zu“, hatte Irmela Mensah-Schramm bei der Feier zum Tag der deutschen Einheit in Potsdam in dicken Lettern auf ein Plakat geschrieben, darunter einige von ihr fotografierte SS-Runen montiert. Deswegen droht ihr nun ein Strafgeld, wie das ARD-Magazin Monitor erstmals berichtete.

Big Brother is watching you - Schäuble und die Maut-Erfassung

Bei der Braunschweiger Zeitung ist nachzulesen, dass die Bundesregierung bei der Fahndung nach Terroristen und Kapitalverbrechern nach Informationen der «Bild» künftig auch die Daten der Maut-Erfassung heranziehen will. Dem Zeitungsbericht zufolge prüft Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble derzeit eine entsprechende Gesetzesänderung. Anlass für die Änderung sei ein Fall aus Baden-Württemberg. Dort war ein Lkw-Fahrer unerkannt über die Autobahn entkommen, nachdem er zuvor einen Parkwächter überfahren und getötet hatte.

An welchem stillen Örtchen man zukünftig noch unbeobachtet, unregistriert oder ungesehen verweilen kann, wird immer fraglicher.

25 November 2005

Niedersachsen und das Gammelfleisch

Und noch mehr berichtet die Braunschweiger Zeitung über das ekelerregende Gammelfleisch:

Lebensmittelkontrolleure und Veterinäre in Niedersachsen sollen in Kühlhäusern und bei Fleischhändlern verstärkt nach "Gammelfleisch" fahnden.

Anlass für einen entsprechenden Erlass des Landwirtschaftsministeriums ist der Skandal um verdorbenes Fleisch, das in einem Kühlhaus in Melle bei Osnabrück beschlagnahmt wurde. Zwei Firmen aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen hatten zu Spottpreisen kleinere Fleischmengen zusammengekauft und gelagert – in der Hoffnung, sie irgendwann wieder gewinnbringend zu verkaufen.

"Das System ähnelt dem einer Reste-Rampe", sagt Ministeriumssprecher Gert Hahne unserer Zeitung. Die Behörden sollen deshalb herausfinden, welcher Händler häufig Kleinmengen unterschiedlichster Herkunft und Zusammensetzung kauft, wo er sie lagert und wohin er sie verkauft.

Die Kontrolleure werden zunächst Lieferpapiere prüfen, müssen aber auch zur Motorsäge greifen. "Uns interessieren bereits hektische Warenbewegungen", sagt Hahne. Außerdem gehe es um die Fragen, ob die gelagerte Ware mit der angegebenen übereinstimmt, ob das Haltbarkeitsdatum überschritten wurde, und ob die Ware überhaupt in einem Kühlhaus für Lebensmittel gelagert werden darf.

"Bei den jüngsten Kontrollen haben wir nämlich Fleisch entdeckt, das nie als Lebensmittel hätte verkauft werden dürfen", sagt Hahne. Es handelte sich um "Stichfleisch", das beim Schlachten stark durchblutet wird und deshalb hoch mit Keimen belastet sein kann. Trotz des Erlasses wird es bei den gezielten Kontrollen um Stichproben bleiben, weil es schlicht an Prüfern fehlt.

Der neue Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) forderte gestern, dass Firmen es melden müssen, wenn ihnen schlechtes Fleisch angeboten wird. Niedersachsen hatte im Bundesrat eine EU-weite Informationspflicht vorgeschlagen. Damit soll vor allem Restehändlern das Handwerk gelegt werden.

Behörden reagieren auf "Gammelfleischskandal"

Ebenfalls die Braunschweiger Zeitung teilt mit, dass nach der Aufdeckung des «Gammelfleischskandals» die Behörden durchgreifen. Die Bundesregierung will das Thema jetzt auch EU-weit angehen. In Troisdorf bei Köln wurde der Chef eines Handelsbetriebes vorübergehend in Haft genommen, weil in dem Unternehmen falsch deklariertes und verdorbenes Fleisch lagerte. In Berlin kündigte Verbraucherminister Horst Seehofer an, er wolle mit den Ländern eine Verschärfung rechtlicher Vorgaben ausloten. Rund 50 Betriebe und Lager sind bundesweit von dem Skandal betroffen.

550 Tonnen Gammelfleisch aus Gelsenkirchen

Nach einem Bericht in der Braunschweiger Zeitung hat die Gelsenkirchener Firma des Hauptverdächtigen im Fleischskandal in diesem Jahr mit mehr als 550 Tonnen Fleisch gehandelt. Das teilte NRW-Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg mit. Über die Qualität der Ware könne noch keine Aussage gemacht werden. Das Fleisch und die Fleischerzeugnisse seien an Verarbeiter und Händler im gesamten Bundesgebiet geliefert worden. Rund 50 Betriebe und Lager sind von dem Skandal betroffen. Auch ins Ausland gelangten verdorbene Fleischbestände.

Löschen von Erinnerungen

So wird man böse Erinnerungen los und bekommt sogar noch Geld dafür:

http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&item=7193146325

1,3 er Gebühr bei knapp durchschnittlicher VU-Abwicklung durch Amtsgericht Hannover

Auch das Amtsgericht Hannover hat nunmehr (17.11.2005, 551 C 8834/05) bestätigt, dass bei durchschnitllicher bis leicht unterdurchschnittlicher Tätigkeit des Rechtsanwalts bei einer Verkehrsunfallabwicklung der Ansatz einer 1,3er Gebühr nicht unbillig und angemessen ist. Die Mecklenburgische hatte gemeckert und darf nun nachzahlen. Diese Klagen "lohnen" sich fast immer.

Lebenslang durch Landgericht Hamburg

Die Große Strafkammer 22 des Landgerichts Hamburg hat heute die Eltern der kleinen Jessica wegen Mordes zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht wies in der Urteilsbegründung darauf hin, dass die Eltern ihre Tochter grob vernachlässigt und damit vorsätzlich getötet hätten.


Das Mädchen habe sich „nicht ansatzweise körperlich und seelisch altersentsprechend entwickeln können”. Die grobe Vernachlässigung sei ein schleichender Prozeß gewesen, den die Angeklagten billigend hingenommen hätten.

Landgericht Hamburg: Urteil wegen verhungertem Kind

Beim Landgericht Hamburg wird heute das Urteil gegen die Eltern des Kindes Jessica erwartet. Jessica, 7 Jahre alt, war Anfang März extrem abgemagert und an Erbrochenem erstickt, sie wog nur noch etwa 10 Kilo.

Der Vorwurf gegen die Eltern lautet Mord durch Unterlassen und Misshandlung von Schutzbefohlenen, die Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haftstrafen, die Verteidiger gehen von Körperverletzung mit Todesfolge aus und beantragen maximal 15 Jahre Haft.

24 November 2005

Eine herrliche Ordnungswidrigkeit

Eine wunderschöne absolut überzeugende Begründung, warum ein Bußgeld nicht bezahlt werden muss, liefert insbesondere Seite 6 von http://www.fettemama.org/wp-content/geschwindigkeit.pdf.

Lebensmittelskandal: weitere widerliche Details

"Dubiosen Machenschaften", sollen bei dem Fleischskandal von Gelsenkirchen zu Tage getreten sein. Drei Wochen nach den ersten Feststellungen sei noch manches ungeklärt in diesem Fall. Dubios ist zum Beispiel die Fleischhandelsfirma Domenz in Gelsenkirchen. Es ist offenbar ein Ein-Mann-Unternehmen ohne Mitarbeiter und eigene Kühl- oder Verarbeitungsräume, schreibt die FAZ.

Der 39 Jahre alte Firmeninhaber führe seine Geschäfte von einem Gelsenkirchener Hotelzimmer aus. Er handelt mit Fleisch, so hätten die Ermittler herausgefunden, und zwar quer durch die Republik. Das Fleisch kommt aus Deutschland, aus Europa oder gar aus Brasilien und wird in verschiedenen Kühlhäusern gelagert.

Da wurde zum Beispiel in Baden-Württemberg an einer "Fleischbörse", die auch keine eigenen Kühlräume besitzt, eingekauft und in Melle in Niedersachsen eingelagert. Daß diese Fleischbörse auch mit "Kategorie 3 Materialien", also mit Schlachtabfällen handelt, ist in diesem Fall nur ein unappetitliches Detail. Aus Schleswig-Holstein hat Domenz dänisches Putenhackfleisch bezogen. Dazu war in einem Begleitschreiben immerhin vermerkt, daß die Ware kein Mindesthaltbarkeitsdatum mehr habe und von Menschen nicht verzehrt werden dürfe. Allerdings fehlten die entsprechenden Handelspapiere. Deshalb befaßt sich jetzt auch die Staatsanwaltschaft in Kiel damit.

Die Lebensmittelüberwachung in Gelsenkirchen teilte inzwischen mit, daß alle Proben aus dem Fleisch der Firma Domenz nicht für den Verzehr geeignet gewesen seien. Es wurden Überlagerung, Frostbrand sowie Geruchs- und Geschmacksabweichungen festgestellt. Insgesamt, so der bisherige Erkenntnisstand, habe der Fleischhändler in diesem Jahr 38 Tonnen Fleisch an vier Gelsenkirchener Betriebe geliefert. Allein einer hat 30 Tonnen abgenommen, davon zehn Tonnen Putenhackfleich, das vermutlich zu Bratwürsten verarbeitet wurde. Eine jüngste Charge von 676 Kilogramm, die zu 2550 Kilogramm Bratwürste verarbeitet wurde, konnte noch vor der Auslieferung sichergestellt werden.

Über den Zustand des Fleisches, das nicht mehr sichergestellt werden konnte, lassen sich auch keine Aussagen machen. Von 6,7 Tonnen Putenhackfleisch konnten in einem anderen Betrieb 700 Kilogramm sichergestellt werden. Von 500 Kilogramm in einem weiteren Betrieb waren noch 50 Kilogramm übrig. Der vierte Betrieb hat selbst bemerkt, daß das Fleisch nicht in Ordnung ist und hat es aussortiert. In Gelsenkirchen fürchten die Metzger, generell in Verruf zu geraten. Etliche versuchen mit Unbedenklichkeitsbescheinigungen, in denen steht, daß sie kein Fleisch von Domenz gekaut haben, das Vertrauen der Kunden zu bewahren.

Während Landwirtschaftsminister Uhlenberg noch von "einigen schwarzen Schafen" spricht, sprechen andere von "mafiösen Strukturen". Der Hauptgeschäftsführer des Westfälisch-Lippischen Bauernverbandes, Gehring, sagte in einer Sendung des WDR über den Geschäftsablauf: "Die versuchen, kurz bevor Fleisch entwertet werden muß, also hochwertig entsorgt werden muß, was teuer ist, das möglichst noch auf den Markt zu bringen, um dann noch einen schnellen Euro zu verdienen." Das sei kriminell. Uhlenberg legte vor dem Umweltausschuß dar, daß es "keine rechtliche Vorschrift gibt, Mindesthaltbarkeitsdaten für tiefgefrorene Waren festzulegen".

Nun will die Politik handeln. Derzeit werden alle Kühlhäuser in Nordrhein-Westfalen nach alten Lagerbeständen durchsucht. Dann soll der Informationsaustausch verbessert werden. Schließlich sollen die Untersuchungsämter besser organisiert werden. Außerdem will Uhlenberg prüfen, ob der Strafrahmen zur Abschreckung noch ausreicht.

Da sind wieder die Politiker unterwegs, die einen Skandal dafür nutzen, nach höheren Strafrahmen zu schreien, um sich populär zu machen. Da sind über Jahre Strafrahmen akzeptiert und werden oft nicht ausgenutzt, dann kommt es aber zu dem Erhöhungsgeschreie. Das Verstärken von Kontrollen, um solche Skandale zu verhindern, wäre sicher der bessere Weg.

Bundesverfassungsgericht verhandelt über Handydaten und E-Mails

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet darüber, dass das Bundesverfassungsgericht sich derzeit mit der Frage beschäftigt, ob bei einer Wohnungsdurchsuchung Handydaten und E-Mails beschlagnahmt werden dürfen. Es wird ausgeführt, dass der Zweite Senat am Mittwoch in Karlsruhe über die Verfassungsbeschwerde einer Amtsrichterin aus Heidelberg verhandelte, deren Wohnung im Jahr 2003 durchsucht und deren Kommunikationsdaten beschlagnahmt worden waren.

Die Richterin war verdächtigt worden, Ermittlungen gegen ein Heidelberger Paar der Presse weitergegeben zu haben. Das Paar stand in Verdacht, einen Anschlag auf US-Einrichtungen in Heidelberg geplant zu haben. Der Verdacht gegen die Richterin, Dienstgeheimnisses verraten zu haben, erhärtete sich nicht.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das in einigen Monaten erwartet wird, geht allerdings weit über den Einzelfall hinaus. Es wird eine Grundsatzentscheidung erwartet, ob Handydaten und E-Mails bei einer richterlich angeordneten Wohnungsdurchsuchung wie Briefe beschlagnahmt werden dürfen oder ob für diese Kommunikationsform ein höherer Schutz durch das Fernmeldegeheimnis gilt.

Veröffentlichung von Lichtbildern bei OWI

Das Landgericht Bonn (14.01.2005 - 32 Qs 5/05) hat die Beschwerde eines Ordnungs- und Straßenverkehrsamtes zurückgewiesen, das das Bild eines unbekannten Motorradfahrers veröffentlichen wollte, der innerorts statt 50 km/h mit 130 km/h entlanggebraust war.

Ein Schelm, der den Kollegen Hoenig aus Berlin danach fragen will, wo er sich zur Tatzeit aufgehalten hat. Ist ja eh verjährt!

Bundesumweltminister unter Druck, bevor es losgeht

Sigmar Gabriel, neuer Umweltminister hat an seiner Vergangenheit zu knabbern.

Laut Braunschweiger Zeitung soll gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig eine Anzeige eingegangen sein. Ihm würden darin ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung des niedersächsischen Landtages und Meineid vorgeworfen, bestätigte ein Behördensprecher am Donnerstag Medienberichte. Gabriel wies die Vorwürfe zurück. Er war in seiner Zeit als SPD-Fraktionschef in Hannover an der Beraterfirma Communication, Network, Service (CoNeS) beteiligt, die 2003 von VW einen 100 000 Euro-Auftrag bekam.

Es wird sich zeigen, ob der neue Minister die Vorwürfe entkräften kann.

Auch die Schweizer werden dreister

Man mag es von den korrekten Eidgenossen kaum glauben, aber auch dort hat man sich mit Lug, Trug, Korruption und anderem Abgrund zu beschäftigen.

Laut Neuer Zürcher Zeitung seien in der jüngsten Vergangenheit verschiedentlich Fälle korrupter Schweizer Beamter im Ausland aufgeflogen. Einer von ihnen, der ehemalige stellvertretende Honorarkonsul im Oman, müsse sich nun wegen Visa-Fälschung und Bestechung verantworten. Er sei teilweise geständig.

Er, 78-jährig, habe für mehr als 200.000 Schweizer Franken falsche Visa vergeben und das Geld zum Teil seiner philippinischen Haushälterin gegeben, die auch seine Freundin gewesen sei. Noch rüstig, der Herr.

Ein Urteil wird demnächst erwartet.

23 November 2005

Oliver Pocher oder der Bock wird zum Gärtner

Wir lesen in der Presse:

Der Comedian und Fernsehmoderator Oliver Pocher ist Botschafter der Fußball-WM-Stadt Hannover. „Er ist zwar frech, aber hat immer nur Gutes über Hannover gesagt“, erklärte der WM-Beauftragte der Stadt, Klaus Timaeus. Als Botschafter soll Pocher Hannover in der Welt bekannt machen. Der 27 Jahre alte, gelernte Versicherungskaufmann stammt selbst aus Hannover-Altwarmbüchen. Demnächst sollen noch „zwei bis drei“ weitere prominente Hannoveraner als WM-Botschafter eingesetzt werden, sagte Timaeus.

Und nun fragen sich die Hannoveraner: Hätte man nicht jemanden nehmen können, der wenigstens von Fussball ein wenig Ahnung hat?!

Fleischskandal weitet sich auf Schleswig Holstein aus

Ich bin gerade mal meinen Vorratsschrank und Kühlschrank durchgegagngen und hab das ein oder andere Produkt entsorgt, denn, die Presse meldet:

Der Fleischskandal hat Schleswig-Holstein erreicht: Die Staatsanwaltschaft Kiel ermittelt gegen die Verantwortlichen einer Firma, die gegen das Lebensmittelgesetz verstoßen haben soll. Die Firma habe zwischen Januar 2004 und Januar 2005 Putenhackfleisch an ein Unternehmen in Gelsenkirchen geliefert, das nicht zum Verzehr geeignet gewesen sei. Das zu lange gelagerte Hackfleisch hätte höchstens als Tierfutter in Verkehr gebracht werden dürfen oder entsorgt werden müssen.


Was darf ich denn eigentlich ausser meiner selbstgezogenen Petersilie noch verzehren? Na ja, nehm ich wenigstens ab.

Amtsgericht Braunschweig Rekordversuch

Der Angeklagte soll für 59,00 € einen Akkuschrauber bei Hornbach in seinen Rucksack gepackt haben. Ein Detektiv hat ihn erwischt, es wird Anklage erhoben.

Der hochgradig abhängige Mandant ist gerade wieder einmal in einer Therapie. Sein Strafregisterauszug soll demnächst brockhuasähnlich gebunden werden, die durchgestandenen und nicht durchgestandenen Therapien sind jedenfalls an einer Hand nicht mehr abzählbar. Der Angeklagte will auch geständig sein.

Termin heute. Die Richterin, resolut, zuverlässig, fair und einschätzbar (schon immer!), raucht kurz eine im Gerichtssaal, der Angeklagte sitzt noch draußen, und "berät" kurz mit mir als Verteidiger und dem erschienen Oberstaatsanwalt ein Ergenis, mit dem alle leben können. 4 Monate ohne mit 21, dann den 35, ok? Alles nickt.

Im Zuschauerraum zwei gestandene leitende Kriminalbeamte zwischen Grinsen und Staunen.

Die Sache wird aufgerufen. Der Angeklagte setzt sich neben mich. Der Zeuge wird nach Hause geschickt.

Und dann gehts los. Stoppuhr läuft!

"Ich lese mal ihre Personalien vor, alles richtig?"

" Ja."

"Ok. Dass Sie hier keine Bewährung kriegen, ist klar. Der Oberstaatsanwalt wird sechs Monate beantragen, Herr Siebers drei, vier kommen raus, verminderte Schuldfähigkeit schreib ich Ihnen rein, Therapie ist klar. Einverstanden?"

Der Angeklagte nickt.

"Im Namen des ..."

"Haaalt" ruft der Oberstaatsanwalt, darf ich wenigstens die Anklage verlesen.

"Na gut."

Danach:

"Im Namen des Volkes: Vier Monate ohne Bewährung mit 21. Auf Rechtsmittel wird allseits verzichtet. Das wars."

Dauer der Hauptverhandlung: weniger als 2 Minuten.

Nix für StPO-Puristen, aber bei einem verlässlichen Richter und einem mitspielenden Staatsanwalt immer noch besser, als stundenlanger Förmlichkeitenaustausch für dasselbe Ergebnis.

22 November 2005

Allianz, Dresdner und die zurückgebliebene Erwartung

Die Sueddeutsche Zeitung berichtet:

Die 10.252 Vertreter der Allianz in Deutschland sind derzeit um ihren Job nicht zu beneiden: Bis Ende des Jahres sollen sie 300.000 neue Kunden für die Banktochter des Finanzkonzerns, die Dresdner Bank, gewinnen.

Gerne auch aus dem Kreis der Verwandten oder Bekannten. Doch die ehrgeizige Vorgabe des Vorstands lässt sich offenbar nicht so leicht erfüllen.

Bis zum Ende des dritten Quartals 2005 hatten die Allianz-Vertreter erst 190.000 Menschen für die Dresdner erwärmt. Einige dürften ihre erforderliche Stückzahl, im Durchschnitt etwa 29 pro Mann oder Frau, also noch nicht erreicht haben.

Die Verzweiflung bei manchen Vertriebsmitarbeitern in dem Finanzkonzern scheint deshalb groß zu sein - so groß, dass zum Beispiel eine Hauptvertretung in diesen Tagen "eine kleine Bitte" verschickt. So jedenfalls ist ein Brief überschrieben, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wobei hinter dem Wort "Bitte" sechs Ausrufezeichen hängen.



"Nicht repräsentativ"
"Wie Sie ja wissen" heißt es in dem Schreiben, "ist die Allianz durch die Fusion mit der Dresdner Bank inzwischen auch ein Anbieter der klassischen Bankprodukte. Leider hinken wir erheblich hinter den Erwartungen an Stückzahl hinterher.

Ich möchte Sie daher um einen Gefallen bitten. Um die geforderte Stückzahl zu erfüllen, benötige ich noch Bank-Neukunden und das kann zum Beispiel durch die Eröffnung eines Dresdner-Bank-Sparbuches erfolgen."

Der Kunde müsse nur den beigefügten Eröffnungsantrag für das kostenlose Sparbuch vervollständigen und unterschrieben zurücksenden, erläutert der Verfasser und beendet das Schreiben mit dem bemerkenswerten Satz: "Wie gesagt, es kostet nichts, muss nicht genutzt werden und mir wäre wahnsinnig damit geholfen."

So lassen sich natürlich auch - zumindest gutmütige - Neukunden gewinnen. Die Allianz findet das aber gar nicht gut. "Solche Anschreiben sind überhaupt nicht repräsentativ", sagte ein Allianz-Sprecher. "Da hat ein einzelner Vertreter ganz offensichtlich unsere Initiative falsch verstanden."

Das hat schon was!

Der Mann für die Revisionen in Braunschweig

Die Braunschweiger Zeitung berichtet:

Eckehard Niestroj ist zum Leitenden Oberstaatsanwalt und damit zum Vertreter des Braunschweiger Generalstaatsanwalts ernannt worden. Der 52-Jährige Salzgitteraner, auch als Kreisjägermeister bekannt, stand acht Jahre als Pressesprecher der Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft im Licht der Öffentlichkeit – unter anderem während des spektakulären Indizienprozesses gegen Pastor Klaus Geyer.

"Wir müssen unsere Staatsanwälte trainieren", sagt Niestroj. Und das nicht nur mit Blick auf das Strafgesetzbuch. Auch das Berufsbild habe sich gewandelt: Angesichts komplexer werdender Ermittlungsverfahren sei Teamfähigkeit gefragt. Die elektronischen Informationssysteme müssten beherrscht werden.

Als Abteilungsleiter für Rechtssachen hat Niestroj in seinem neuen Amt außerdem mit Beschwerden sowie Revisionen gegen landgerichtliche Berufungsentscheidungen zu tun. Als Dienstaufsichtsbehörde, so Niestroj, habe die Generalstaatsanwaltschaft darüber hinaus jährlich rund 600 Beschwerden zu prüfen, in denen es um die Frage geht, ob die Staatsanwaltschaft ein Verfahren zu Recht eingestellt hat oder nicht.

Schauen wir einmal, wie er mit der Revision der vier Strafverteidiger umgeht.

Castor: Polizisten verprügeln sich gegenseitig

Nach dem Castor-Transport kritisiert die Polizei das angeblich agressive Verhalten der Atomkraftgegener. Neben Eiern seien auch Steine geworfen worden, außerdem habe sich die Anzahl der teilnehmenden Autonomen gegenüber dem letzten Jahr verdoppelt.

Bezüglich der Agressivität wurde aber auch bekannt, dass sich zwei Polizeibeamte gegenseitig geschlagen haben sollen. Ein zur Deeskalation eingesetzter Beamter habe sich schützend vor Demonstranten gestellt und sei daraufhin von einem Kollegen geschlagen worden.

Die Frage sich steigernden agressiven Verhaltens kann also möglicherweise nicht einseitig gesehen werden, der ein oder andere Polizeibeamte scheint mit den Rechten anderer Personen und deren körperlicher Unversehrtheit recht leichtfertig umzugehen.

Auch hebt die Außenwirkung solcher Hahnenkämpfe sich nicht gerade das Ansehen der Polizei.

Drecksäcke, Lügner und anderes Gesindel

Der Kollege Carsten Hoenig aus Berlin, einer der "Vier-Strafverteidiger" beschäftigt sich hier mit der möglicherweise gefallenen Bezeichnung "Drecksack" für eine nicht verurteilte Person.

Wer darf eigentlich was. Ein vorsitzender Richter am Landgericht Magdeburg hat sich gestern in öffentlicher Hauptverhandlung eine Zeugin mehrfach zur Brust genommen mit Formulierungen wie "glatt gelogen", "wie soll ich meine Arbeit machen, wenn mich Zeugen so anlügen" usw.

Eine Zeitung zitiert eine Staatsanwaältin (später wird korrigiert), die nicht verurteilte Personen als "Drecksäcke" bezeichnet haben soll.

Ein Verteidiger, der sich auf die Vollständigkeit einer Strafanzeige verlässt und Monate später aufgesetzte Erklärungen eines Polizisten, die von der Strafanzeige abweichen, als Lüge bezeichnet, wird wegen Beleidigung angeklagt und verwarnt (nicht rechtskräftig).

Wer legt hier eigentlich bei wem welche Messlatte an?

Zigaretten, Maschinen und Holzkohle

Gestern mussten sich zwei polnische Familienväter vor dem Amtsgericht Hildesheim verantworten, weil sie jeweils mit Lastwagen in der Region entdeckt wurden, auf denen sich statt Maschinen und Holzkohle Zigaretten befanden. Der eine Angeklagte hatte rund 155 000 Euro Zoll, Tabak- und Einfuhrumsatzsteuer hinterzogen, der andere, 55 000 Euro. Die Angeklagten wurden nach erlittener Untersuchungshaft zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Das Gericht glaubte den Angeklagten, dass sie das kleinste Glied in der Kette waren.

Rechtsanwalt Olaf Johannes aus Braunschweig, einer der Verteidiger, betonte in seiner Erklärung, die er für den Angeklagten abgab, dass sein Mandant sich hatte überreden lassen, für einen kleineren Betrag eine Fahrt durchzuführen. Das konnte letztlich nicht widerlegt werden.

Der andere Angeklagte versuchte noch darzustellen, dass er gar nicht gewusst habe, was er transportiert, das glaubte das Gericht aber nicht.

Das Gericht betonte, dass die Bewährung nur deshalb möglich war, weil Geständnisse abgelegt wurden.

21 November 2005

Castor bringt neue Mandate

Der neue Castor-Transport mit hochradioaktivem Abfall ist trotz der Proteste von mehreren hundert Atomkraftgegner in Niedersachsen angekommen. Geschützt von einigen tausend Polizisten trafen die zwölf Castor-Behälter am Montagmittag in Dannenberg ein.

Wie jedes Jahr wird es wieder genug Zusammenstöße, Körperverletzungen im und außerhalb des Amtes, Widerstände, Beleidigungen, Nötigungen und was auch immer für Straftaten geben, von denen einige Anwälte, das Amtsgericht Dannenberg und noch so manch anderer so viel abbekommen, dass der ein oder andere klammheimlich darüber nachdenkt, was er ohne Castor eigentlich machen würde.

Der schwere Weg zum Deal

Heute im Landgericht Magdeburg. Der Angeklagte war erstinstanzlich wegen Zuhälterei zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden.

Nun kam heute die Hauptbelastungszeugin, die angeblich vom Angeklagten auf den Strich geschickt worden war. Grottenschlecht, die Dame, der Vorsitzende sprach von glatten Lügen!

Also Freispruch? In der Akte schmorte noch ein Verfahren wegen Entziehung elektrischer Energie, wurde erstinstanzlich eingestellt. Nach etwas putziger Rechtsprechung des OLG Naumburg, darf das Berufungsgericht das nicht mehr anfassen, es hätte also vom Amtsgericht wieder aufgenommen werden müssen.

Da fiel den Beteiligten ein, dass der Angeklagte ja gar nicht wollte, dass die Zeugin auf den Strich geht. Diese hatte behauptet, er habe gesagt, sie totschlagen zu wollen, wenn sie nicht weitermacht. Da fiel dem Angeklagten ein, dass er ihr gesagt hatte, sie totzuschlagen, wenn sie mit der Prostitution nicht aufhört.

Schon konnte er wegen Bedrohung zu 30 Tagessätzen verurteilt werden, die elektrische Energie durfte weiter schlummern und alle waren zufrieden.

Rechtskraft natürlich.

DNA-Analyse-Anordnung durch Polizei zukünftig möglich

Am 01.11.2005 ist das "Gesetz zur Novellierung der DNA-Analyse" vom 12.08.2005 in Kraft getreten.

Der generelle Richtervorbehalt wurd eingeschränkt. Zur molekulargenetischen Untersuchung von Spuren ist keine richterliche Anordnung mehr erforferlich. Es reicht nunmehr insoweit eine Untersuchungsanordnung durch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei.

Ähnliches gilt jetzt bezüglich Untersuchungen betreffend die Entnahme von Körperzellen und deren molekularische Untersuchung. Diese sollen nunmehr jedenfalls bei "Gefahr im Verzuge" auch durch die Staatsanwaltschaft und die Ermittlungspersonen angeordnet werden können.

Wenn man sich so manchen Polizeibeamten auf dem Lande oder auch in der ein oder anderen Stadt näher betrachtet, muss man sich fragen, ob es tatsächlich richtig ist, solcherlei Verantwortung auf diesen Personenkreis zu übertragen.

BGH zu überlanger Verfahrensdauer

Zum wiederholten Mal hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass es unerläßlich ist, dass unerläßliche Konsequenz einer überlangen Verfahrensdauer nicht nur ein Strafabschlag zu sein hat, sondern dass dieser auch näher gekennzeichnet werden muss, dass also konkret festgehalten wird, wie hoch der Abschlag tatsächlich gewesen ist.

Auch müsse dann, wenn das Gericht und Staatsanwaltschaft eine Einstellung nach § 153 a StPO vorschlagen und diese Verfahrensbeendigung lediglich an der fehlenden Zustimmung des Angeklagten scheitert, die danach verhängte Strafe mit der Erwägung einer solchen Einstellung im Einklang stehen.

Auch hier seien die Tatsacheninstanzen aufgefordert, diese Vorgaben zu verinnerlichen.

Bundesverfassungsgericht watscht BGH ab

Am 02.06.2005 hat das Bundesverfassungsgericht dem BGH aufgezeigt, dass die Verwerfungspraxis jedenfalls in Einzelfällen so nicht hingenommen werden kann.

Hintergrund waren die Zurückweisungen einiger Befangenheitsgesuche durch das Landgericht Köln als unzulässig

Mit Blick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei es verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, wenn das Revisionsgericht auch in den Fällen, in denen ein Ablehnungsgesuch willkürlich und unter Verletzung des grundrechtsgleichen Anspruchs des Angeklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Ablehnungsverfahren als unzulässig verworfen worden ist, lediglich prüft, ob das Ablehnungsgesuch in der Sache erfolgreich gewesen wäre. Das Revisionsgericht habe in solchen Fällen nicht über die hypothetische Begründetheit des Ablehnungsgesuchs, sondern vielmehr darüber zu entscheiden, ob die Grenzen der Vorschrift des § 26 a StPO, die den gesetzlichen Richter gewährleistet, eingehalten wurden.

Man kann nur hoffen, dass der BGH in solchen Fällen zukünftig sehr viel intensiver prüft und entsprechende Entscheidungen aufhebt.

20 November 2005

Niedersachsen, VW und Gegenleistungen

Den Niedersachsen stellt sich mehr und mehr die Frage, wer sie in der Vergangenheit eigentlich regiert hat oder in der Opposition saß, nämlich Landespolitiker oder VW-Mitarbeiter.

Presseberichten zu Folge hat nach den Grünen nun auch die niedersächsische CDU-Fraktion den designierten Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) aufgefordert, seine VW-Nebeneinkünfte vollständig offen zu legen. "Bevor Herr Gabriel Minister wird, sollte er öffentlich nachweisen, welche Leistung seinem Honorar von Volkswagen gegenübersteht", sagte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Bernd Althusmann der WELT.

Gabriel hätte im Landtag zur VW-Affäre immer selber gesagt, wer die ganze Wahrheit kenne, aber nur die halbe Wahrheit nenne, der sei immer noch ein ganzer Lügner. "Das hat sich im nachhinein voll bestätigt", sagte Althusmann.

Auch der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, hatte Gabriel zur Aufklärung seines VW-Profitcenters aufgefordert. Der künftige Minister müsse endlich "transparent machen, ob und welche Gegenleistungen" er geliefert habe.

Es verdichtet sich der Eindruck, dass man bei VW gesteigerten Wert darauf gelegt hat, Politiker verschiedener Richtungen und verschiedener Funktionen „im Nest zu haben und zu säugen“, ohne dass dafür Gegenleistungen verlangt oder erbracht wurden, die aus einem normalen Vertragsverhältnis hätten abgeleitet werden können.

Wenn es aber solche "normalen Gegenleistungen" nicht gab, stellt sich natürlich die Frage, ob es andere Gegenleistungen gegeben hat.

19 November 2005

Fleischskandal nun auch in Gelsenkirchen

Das Handelsblatt berichtet:

Neues Kapitel im Fleischskandal: Im Kühlhaus einer Firma im nordrhein-westfälischen Gelsenkirchen haben städtische Kontrolleure 60 Tonnen verdorbenes Fleisch mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum beschlagnahmt. Große Teile sind bereits in den Handel gelangt. Es war mit falschen Etiketten neu ausgezeichnet. Das Roastbeef und Putenhackfleisch sei nach Ermittlungen des Veterinäramtes „nicht für den menschlichen Verzehr“ geeignet, berichten die „Westfälischen Nachrichten“ in ihrer Samstagsausgabe. Große Teile derartigen Hackfleischs soll bereits in den Handel gelangt sein, schreibt das Blatt unter Berufung auf das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium.
Lieferungen seien nach Hamburg und in den Spreewald gegangen. Die Behörden in NRW haben dem Bericht zufolge bereits die Ministerien in den anderen Bundesländern über den neuen Fleischskandal informiert. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen.


Man fragt sich wirklich, ob man nicht doch wieder zur Hausschlachtung eigener Tiere übergehen sollte.

Gefährdungsansprache und ihre neue Bedeutung

Am 18.11.2005 hat mir im Amtsgericht Braunschweig ein Polizeibeamter als Zeuge und Nebenkläger eine neue Bedeutung des Begriffs der "Gefährdungsansprache" nahegebracht.

In der "Polizeisprache" definiert man die Gefährdungsansprache etwa so:

"Eine sogenannte Gefährdungsansprache wird grundsätzlich als geeignetes präventives Instrumentarium angesehen, um mögliches Störerpotential bereits im Vorfeld von Veranstaltungen, bei denen aufgrund polizeilicher Erkenntnisse mit einem gewalttätigen Verlauf gerechnet werden muss, darauf hinzuweisen, dass Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit der Veranstaltung nicht geduldet werden. Diese Maßnahme wird insbesondere vor dem Hintergrund der polizeilichen Erfahrungen aus vorherigen Einsatzlagen als der Gefahrenabwehr dienlich angesehen und ist von der polizeilichen Generalklausel des jeweiligen Landesgesetzes gedeckt. Mithin stellt sich die Gefährdungsansprache unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens als diejenige Maßnahme dar, die den Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt."


Der Zeuge vor dem Amtsgericht Braunschweig, solariumverdunkelt, Schopf vergeelt, Zeugensprache polizistisch trainiert, erklärt dann sein Verständnis von Gefährdungsansprache.

Ein Fussballspiel ist vorbei (Eintracht Braunschweig ./. KFC Uerdingen). Der Zeuge hatte mit einer Kollegin, also auch Polizistin, und seinem heranwachsenden Sohn außerdienstlich das Fussballspiel besucht. Nach dem Spiel verließ man dann das Stadion nicht auf dem kürzesten Weg in Richtung geparktem PKW, vielmehr auf einem Umweg dort entlang, wo sich erfahrungsgemäß nach dem Spiel viele Fans treffen - ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

In einer Seitenstraße auf der anderen Straßenseite drei hochgradig alkoholisierte Fans, die herumgrölen, ohne dass aber andere Personen in unmittelbarer Nähe sind. Angeblich versteht man sinngemäß etwas von "Umhauen", ohne dass irgendjemand geschweige denn der nicht im Dienst befindliche Polizist oder seine beiden Begleiter bedroht sind. Wäre man weitergegangen, wäre nichts passiert.

Der Zeuge greift aber nun sein Verständnis der Gefährdungsansprache auf, "versetzt sich in Dienst", überquert die Straße und redet, nachdem er sich als Polizeibeamter zu erkennen gegeben hat, auf die drei Personen ein. Als eine der drei betrunkenen Personen sich in seine Richtung bewegt, wird sie von den anderen beiden zurück gehalten, es passiert nichts, gleichwohl teilt der Zeuge gleich noch mit, dass der besoffene Fan von ihm "eine kriegt", wenn er den Zeugen schlagen wolle.

Der neue Begriff der Gefährdungsansprache, so wie er für mich angekommen ist, bedeutet, dass man sich als außer Dienst befindlicher Polizeibeamter in einer ungefährlichen Situation in Dienst versetzt, um eskalierend eine Szenario zu provozieren, das dann Gefahren in sich birgt.

Hat hier auch wunderbar geklappt. Der Zeuge hat nämlich kurz danach als Konsequenz der Aufheizung brutal eine Bierflasche über den Kopf bekommen.

Das ist natürlich nicht in Ordnung, ändert aber nichts an der Meinung fast aller Prozessbeobachter, nämlich, dass gar nichts passiert wäre, wenn der Beamte außer Dienst geblieben und einfach weitergegangen wäre.

Justizpalast Nürnberg 20.11.1945

Am 20.11.1945 begann im Nürnberger Justizpalast Saal 600 der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher. 21 ehemals führende Vertreter des "1000-jährigen Reiches" saßen auf der Anklagebank.

Die Anklage gegen die Nazigrößen lautete auf Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Am 1.10.1946 wurdw das Urteil verkündet: 12 mal die Todesstrafe (Bormann in Abwesenheit), 3 mal lebenslänglich, 4 Zeitstrafen zwischen 10 und 20 Jahren, 3 Freisprüche. Im Anschluß an den internationalen Hauptkriegsverbrecherprozeß fanden die 12 Nürnberger Nachfolgeprozesse statt.

Erstmals wurden Staatsführer für die von ihnen befohlenen Verbrechen zur Verantwortung gezogen – statt, wie bislang nach verlorenen Kriegen, Staaten und ihre Völker.

Und ich meine, das ist auch gut so!

17 November 2005

Taxi-Fahrer und ihre Gäste

"Recht und Alltag" berichtet:

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, der auch die Frage aufwarf, ob der Papst noch Deutscher ist und wir damit überhaupt noch Papst, hat sich diesmal für die Rechte der Taxigäste eingesetzt:

Er stieg am Flughafen Schönefeld in ein Taxi und wollte allerdings nur zur ersten U-Bahn-Station in Neukölln befördert werden. Dort stand nämlich sein Auto. Er konnte dem Taxifahrer aber keine genau Strasse benennen. Keine Strasse, keine Fahrt und der Taxifahrer ergriff die Gelegenheit von der unliebsamen Kurzstrecke loszukommen. Er schmiss den prominenten Fahrgast einfach raus.


Ich bin selbst vier Jahre Taxe gefahren und habe dabei viel über Menschen gelernt. Und man muss wohl resümieren: mit dem Wachsen einer Stadt steigt proportional die Unfreundlichkeit und Abgebrühtheit des ein oder anderen Taxi-Fahrers, ohne das verallgemeinern zu wollen.

VW und die ewige Affäre, Gebauer in Berufung

Die Braunschweiger Zeitung berichtet:

In der VW-Affäre hat eine der Schlüsselfiguren, der gefeuerte Ex-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer, am Donnerstag vor Gericht eine Niederlage erlitten. Das Arbeitsgericht Braunschweig wies eine Kündigungsschutzklage Gebauers gegen Volkswagen ab. Gebauers Anwalt kündigte an, in Berufung zu gehen.
VW hatte Gebauer Ende Juni fristlos gekündigt. Das Unternehmen wirft ihm unter anderem vor, Privatreisen auf Firmenkosten abgerechnet zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Gebauer wegen des Verdachts auf Untreue und Betrug.


Nach den bisherigen Erfahrungen kann gehofft werden, dass Herr Gebauer jetzt möglicherweise weitere Details des Skandals offenbart, um damit seine Chancen vor dem Landesarbeitsgericht in Hannover zu erhöhen.

Fussball, Schweiz und die Politik

Nach den skandalösen Ausschreitungen bei dem Fussballspiel Türkei gegen die Schweiz schlagen die Wogen in der Schweiz offenbar sehr hoch. Vor einigen Minuten rief mich ein Kollege an, der sich in der Schweiz zur Ruhe gesetzt hat.

Er berichtete mir, dass dort jedenfalls an Stammtischen diskutiert wird, dass sich die Beziehungen zu den EU-Ländern abkühlen müssten, die einen Beitritt der Türkei in die EU befürworten und unterstützen. Man sei dort so empört, dass befürchtet werden muss, dass selbst bei den besonnenen Schweizern mit Übergriffen auf türkische Staatsbürger gerechnet werden muss und dass gebuchte Türkei-Reisen storniert werden.

16 November 2005

Rechtfertigung der Justiz

Walfischbucht berichtet: Im Fall des gestern wegen Mordes verurteilten Maik S. hat sich M-Vs Justizminister Sellering in einer Pressemitteilung des Justizministeriums zur Kritik am Vorgehen der Justiz geäußert.

"Nach Würdigung der gesamten Sach- und Rechtslage ist es aber keiner der handelnden Personen als Fehlverhalten vorzuwerfen ......"

Seit wann überprüfen Ministerien die Sach- und/oder Rechtslage, manchmal entsteht der Eindruck, die überprüfen doch immer nur die BILD-Zeitungs-Stimmungslage.

teen court und court court

In Siegen sollen sich ab Mitte November junge Straftäter im Alter von 14 bis 17 Jahren vor einem Gremium gleichaltriger Schüler für ihre Taten verantworten. Dieses auch unter dem Begriff "teen court" bekannt gewordene Projekt ist das erste seiner Art in Nordrhein-Westfalen.

Vielleicht sollte man einmal erwägen, dass sich auch hin und wieder Richter vor einem Gremium von Kollegen für ihre Urteile und Handlungen zu verantworten haben, ich denke da an Richter aus Dresden (Spam), Mettmann (Spam), Hagen (verhafteter Verteidiger), Braunschweig (Pflichtverteidigung versus Weihnachtsgeld) usw. Das Projekt, das man als "court court" bezeichnen könnte, würde sicher einen hohen Aufmerksamkeitsgrad haben.

Trier und die Chinesen

Die Neue Züricher Zeitung berichtet, dass das Geburtshaus von Karl Marx in Trier heute ein Museum und Anziehungspunkt für immer zahlreicher nach Deutschland pilgernde Chinesen ist. In Trier habe man gelernt, den Gästen aus Asien entgegenzukommen. Doch falle es schwer, ihnen nahezubringen, dass Trier mehr als nur die Geburtsstadt von Karl Marx ist.

Aber sicher fällt es den Chinesen schwer, uns nahezubringen, dass Marx bis heute für sie ein Gott ist und dass das dort vorherrschende System etwas mit Menschlichkeit zu tun hat.

15 November 2005

Bundesverfassungsgericht und Haftbefehl

Es lohnt sich immer wieder, Entscheidungen von Oberlandesgerichten in Haftsachen unter verfassungsrechtlichen Aspekten zu überprüfen und ggf. Verfassungsbeschwerde einzulegen.

So hat das Bundesverfassungsgericht am 26.10.2005 entschieden:

Legt ein Beschuldigter gegen einen außer Vollzug gesetzten Haftbefehl (Haftverschonungsbeschluss) Beschwerde ein mit dem Ziel, den Haftbefehl zu beseitigen, darf das Rechtsmittelgericht die vom Ausgangsgericht gewährte Haftverschonung nur widerrufen, wenn sich die Umstände verändert haben.

Die angegriffene Entscheidung machte den Eindruck, dass hier einem Beschuldigten, der nur sein "gutes" Recht eines weiteren Rechtsmittels ausnutzen wollte, einfach gezeigt werden sollte, dass man gefälligst zufrieden zu sein hat, wenn man schon ein wenig von "seinem" Recht bekommen hat und dass man sanktioniert wird, wenn man sein "ganzes Recht" einfordert.

Alle oberlehrerhaften Entscheidungen in dieser Richtung sollten grundsätzlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung zugeführt werden.

Kostenbewusstsein von Staatsanwälten

Heute hat das Landgericht Leipzig vier Angeklagte wegen bandenmäßigem Diebstahl zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Schäden waren nicht besonders hoch, die Bandenstruktur nicht tief gewachsen, es wurden Geständnisse abgelegt, alles gute Gründe, das Urteil als angemessen einzustufen.

Der Vorsitzende fragte in Richtung der Verteidiger und Angeklagten, ob denn Erklärungen abgegeben werden. Ich fragte den Herrn Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, ob er denn auch bereit und in der Lage sei, auf Rechtsmittel zu verzichten. Das wurde von ihm verneint, der Vorsitzende kommentierte das sinngemäß, ein solcher Verzicht werde von Leipziger Staatsanwälten höchst selten abgegeben.

Wissen die, was sie tun, insbesondere dann, wenn Angeklagten Pflichtverteidiger beigeordnet wurden? Jeder Verteidiger muss, wenn ein Sitzungsvertreter nicht auf Rechtsmittel verzichtet, damit rechnen, dass die Staatsanwaltschaft ins Rechtsmittel geht. Um in der Folgeinstanz dem Mandanten Waffengleichtheit zu gewährleisten, wäre es ein Kunstfehler, nicht für den Angeklagten am Tage des Fristablaufs ebenfalls ein Rechtsmittel einzulegen.

Dass man jedenfalls die Revision mit der Einlegung der Revision auch sogleich begründen darf, sollte auch den Staatsanwälten bekannt sein. Und dass jedenfalls dann, wenn das nur geschehen muss, weil ein Sitzungsvertreter nicht verzichtet hat, bei Pflichtverteidigung nicht unerhebliche Kosten von der Staatskasse vorgeschossen werden müssen, sollten Staatsanwaltschaften diese Politik des vorsorglichen Nichtverzichtes einmal überdenken.

Schnelle Schweizer

Wenn man die Züricher Zeitung liest, könnte man an schnelle türkische Schweizer glauben, die ihren Anwälten die Taschen füllen.

Danach konnte ein Autofahrer es nicht glauben, dass eine Ampel nicht nur gelb blinkte, sondern auch blitzte. Deshalb fuhr ein 40-jähriger Autofahrer in Kreuzlingen dreimal zurück, um zu prüfen, was da passierte - und wurde viermal mit zu hoher Geschwindigkeit geblitzt.

Des Rätsels Lösung kam bei der Befragung des fehlbaren Autofahrers. Der 40-jährige Türke sagte gegenüber der Polizei, er sei nach dem ersten Blitz zurückgefahren, «um nachzuschauen, was los war». Er dachte, es hätte sich vielleicht jemand mit einem Fotoapparat einen Scherz erlaubt.

«Ich bin dann mehrmals hin- und hergefahren, weil ich wissen wollte, warum es bei «Gelb blinken» blitzte.» Was der Autofahrer offensichtlich nicht wusste: Kurz zuvor war die Rotlicht- Überwachungskamera um eine Anlage zur Geschwindigkeitsmessung ergänzt worden.

Das ist so eine Kreuzung, an der ein Anwalt einen Fahrradständer mit Kanzleireklame aufstellen sollte.

Das letzte Wort oder Schweigen ist Gold

Vor dem Landgericht Rostock wird heute im Mordfall Carolin das Urteil gegen den 29-Jährigen Angeklagten erwartet. Der einschlägig vorbestrafte junge Mann hatte die Tat in seinem Schlusswort am Freitag indirekt gestanden. Nach mehrtägigem Schweigen sagte er den Eltern der 16-Jährigen, das Geschehene tue ihm sehr leid.

Das Gericht will diese Aussage des Angeklagten als Geständnis werten.

Wieder ein Fall, der zeigt, dass das letzte Wort des Angeklagten für den Verteidiger bedeuten kann, dass eine vielleicht geschickte Verteidigungsstrategie in den letzten Sekunden zerredet werden kann. Hier mag es so sein, dass die Beweislage eindeutig ist, aber ss schadet nicht, den Mandanten ausführlich darauf hinzuweisen, dass er auch beim letzten Wort nichts sagen muss und sich höchstens den lichtvollen Ausführungen seines Verteidigers anschließen sollte.

LG Leipzig und Schadensbestimmung

In einem Verfahren wegen bandenmäßigen Einbruchsdiebstahls wird heute vor dem Landgericht Leipzig ein Zeuge vernommen, der zu dem angegebenen Wert von gestohlener Dämmwolle Auskunft geben soll.

Es handelt sich um den leitenden Angestellten des Herstellers, der gleich von Listenpreisen abzüglich Großhändlerrabatten redet. Auf Nachfrage, ob es sich dabei um realistische Werte handelt, schlägt er einen Haken, weil, tja, der Vertrieb sei ein Buch mit sieben Siegeln. Auch bei Sturmschäden würden ja Preise genannt, die er nicht kennt.

Ob also welche der sich widersprechenden Zahlen aus der Akte die richtigen seien, weiß eigentlich keiner so genau. Ob in einem Jahr seit der letzten Inventur auch Ware auf anderen Wegen verschwunden sein könnte, na ja, vielleicht.

Im Ergebnis ein dankbarer Zeuge für die Verteidigung, weil die Schadenssummen zu Gunsten der Angeklagten nach einer solch indifferenten Aussage erheblich abgesengt werden müssen.

14 November 2005

Stoiber und die Hunde

Laut der Sueddeutschen Zeitung hat der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber bei einem Kleinen Parteitag der CSU nachdrücklich für die große Koalition geworben und sich zugleich für seinen umstrittenen Rückzug aus Berlin entschuldigt. „Es tut mir leid, dass ich mit meiner Entscheidung unsere Partei und Sie alle hier in eine nicht einfache, in eine schwierige Lage gebracht habe“, sagte Stoiber vor den rund 200 Delegierten in München. „Ich leide selbst außerordentlich, ich leide wie ein Hund“, soll er versichert haben.

Aber ist es nicht wirklich besser so, dass Stoiber leidet wie ein Hund, weil er in München bleibt, als wenn 90 Millionen wie Hunde gelitten hätten, wenn er nach Berlin gegangen wäre?

Zwillingsvater zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt

dpa meldet: Der Vater der sechsjährigen Zwillinge Nadine und Melanie aus Aue ist wegen Mordes an seinen Kindern zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Der 38-Jährige hatte im Prozess vor dem Landgericht Zwickau gestanden, seine Töchter im April 2005 im Schlaf erstochen zu haben. Sein Verteidiger hatte auf Totschlag und eine Haftstrafe zwischen acht und zehn Jahren plädiert. Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Ein Mediziner hatte die volle Schuldfähigkeit des Vaters festgestellt.

Die Revision wird sicher ein hartes Stück Arbeit.

Amtsgericht Mettmann und das BMJ

Ich habe berichtet, dass der Kollege, der vom Amtsgericht Mettmann ein Urteil bekommen hat, dass sinngemäß ausführt, Spam sei "nicht so schlimm" und damit nicht abmahnfähig, jedenfalls müssten für eine solche Abmahnung keine Kosten erstattet werden und dass der Kollge nunmehr Schadensersatz geltend machen wird beim Bundesministerium der Justiz.

Immerhin hat der Kollege eine Zwischenmitteilung erhalten, dass seine Anträge in Bearbeitung sind und dass man sich bald melden wolle.

Warten wir es ab.

Amtsgericht Bergen auf Rügen und die Wiedereinsetzung

Rechtsanwalt Olaf Johannes aus Braunschweig berichtete mir heute morgen von einer Justizposse. Er legitimiert sich für seinen Mandanten in einem Strafbefehlsverfahren, versichert anwaltlich seine Bevollmächtigung und legt Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Letztlich beantragt er Akteneinsicht.

Das Gericht terminiert und verweigert die Akteneinsicht wegen der nicht vorgelegten schriftlichen Vollmacht. Der Kollege Johannes verweist auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Vollmachtvorlage und wiederholt das Akteneinsichtsgesuch.

Als die Akte weiterhin nicht kommt, stellt er wegen der nicht gewährten Akteneinsicht einen Terminsaufhebungs- und Aussetzungsantrag.

Verteidiger und Mandant erscheinen im Termin nicht, der Einspruch gegen den Strafbefehl wird verworfen. Rechtsanwalt Johannes legt Rechtsmittel ein.

Man höre und staune: Nun ruft der Richter an, das er sich jetzt doch mal darüber informiert hat, wie das so mit der Vollmacht ist, sieht seinen Fehler ein und schlägt einen Wiedereinsetzungsantrag vor.

Ein Schelm, wer dabei denkt, dass er diesen Vorschlag nur unterbreitet, weil er sich vor dem Oberlandesgericht nicht blamieren will.

13 November 2005

Edi und Gerd wollen in die Berge (die fünfte Jahreszeit gibts bundesweit)

Die Sueddeutsche Zeitung berichtet:

Es menschelt schwer in der großen Koalition: Stoiber lädt Schröder nach Bayern ein, Müntefering und Pofalla sollen sich Duzen, Kauder bezeichnet Scholz gar als seinen "Freund".

Kurz nach dem 11.11. um 11.11 Uhr könnte man ja jurablogs-mäßig spekulieren: Hoenig kuschelt mit Dr. Heinz W. Neuling, Director von Firestorm Forces Ltd., London, GB, Rueber wird Staatsanwältin (tschuldige Kerstin: Oberstaatsanwältin), Eickelberg will wieder in den Osten, Siebers outet sich als Brunkewärmer (verstehen nur die, die es verstehen, aber die verstehen es), Lehmann verlobt sich mit Kahn, meine Frau steigt auf mein Motorrad ..., na ja, die fünfte Jahreszeit gibts wohl doch bundesweit.

Autoknacker und Polizei in Braunschweig

Die Braunschweiger Zeitung berichtet:

Autoknacker haben die Braunschweiger Polizei am Wochenende beschäftigt. Bis Sonntagmorgen waren 15 Anzeigen eingegangen, teilte die Polizei mit. Die Diebe hatten es besonders auf kombinierte Radio-Navigationsgeräte und Mobiltelefone aus neueren Fahrzeugen der Marke VW abgesehen. Die Schadenshöhe ist noch nicht geklärt, dürfte aber im fünfstelligen Bereich liegen. Die Täter waren vor allem im nördlichen Bereich der Stadt tätig, nahe der Autobahn 2.

Dann wird es nun nicht lange dauern, dass demnächst auf gut bewachten Technikmärkten in Polen solche fast neuwertigen Geräte wieder viel und günstig angeboten werden.

Vor einigen Monaten durfte ich in einem solchen Fall doch einmal herzhaft lachen. Einem österreichischen Geschäftsmann wurde in Wien sein Navi gestohlen. Mein Mandant kaufte auf einem solchen Technikmarkt in Polen einige solcher Geräte für kleines Geld und versteigerte sie dann bei ebay.

Der Österreicher erstand eins davon und war dann völlig perplex, als er feststellen musste, dass im Speicher seines erworbenen Gerätes genau die Straßen eingegeben waren, die er zuletzt vor dem Diebstahl gefahren war.

Er hatte sein eigenes Gerät zurückgekauft!

So klein ist Europa. Von Wien über Polen und den Raum Braunschweig nach Wien, alles keine Entfernung mehr.

Ehrenpreis an Strafverteidiger

Der Berlinner Strafverteidiger Carsten Hoenig ( der mit der Wanne ) berichtet in seinem LawBlog:

pro reo – der Ehrenpreis der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen AnwaltVerein – wurde heute in Berlin dem Iserlohner Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Dr. jur. Frank Nobis verliehen. Gegen Dr. Nobis wurde am 20.5.2003 durch das Amtsgericht – Schöffengericht – Hagen, dessen Vorsitzender des Richter am Amtsgericht Kleeschulte war (und ist!), 1 Tag Ordnungshaft festgesetzt. Der Richter lies den Strafverteidiger im Gerichtssaal verhaften und in die JVA Hagen abführen.

Wegen der Begründung einer Haftentscheidung durch das Gericht:

Sinngemäß erklärte der Richter: Er habe den Angeklagten vor der Hauptverhandlung auf die Beschwerde des Verteidigers hin sicherlich entlassen können, habe dies aber nicht getan, weil ihm die Diktion der Haftbeschwerde, mit der der Verteidiger dem Gericht offensichtlich vorschreiben wollte, was das Gericht zu tun habe, missfallen habe. Deshalb habe er bereits eingeleitete, zur Entlassung des Angeklagten dienende Ermittlungen nach Vorlage der Haftbeschwerde wieder abgebrochen und den Angeklagten weiter in Haft gelassen.
kam es im weiteren Verlauf der Verhandlung binnen Minutenfrist zum Eklat.
Dr. N. bittet den Richter [...] im ruhigen Ton, die soeben getätigte Äußerung gem. zu protokollieren. Der Vorsitzende Richter lehnt ab: “Hier werden jetzt keine Anträge mehr gestellt.” Dr. N. bittet daraufhin, dann doch zumindest zu protokollieren, dass der Verteidigung nicht die Möglichkeit gegeben werde, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dr. N. wiederholt letztere Bitte unter Hinweis darauf, dass Anträge der Verteidigung zu den wesentlichen Förmlichkeiten gem. § 273 StPO gehören.

Das ist offensichtlich zuviel des “Rechtsgespräches”: Wild mit den Armen fuchtelnd fordert der Richter den Verteidiger lautstark auf, unverzüglich den Sitzungssaal zu verlassen. Dr. N fragt höflich an, ob dies eine sitzungspolizeiliche Maßnahme sei, und weist darauf hin, dass „derartige Maßnahmen” gem. §§ 177,178 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) gegen den Verteidiger unzulässig seien. Derart ruhige, auf dem Strafverfahrensrecht ruhende Sachlichkeit ist für den Richter offensichtlich zuviel des Guten: Er unterbricht die Hauptverhandlung und weist gleichzeitig die anwesenden Gerichtswachtmeister an, den Verteidiger Dr. N zu durchsuchen, ihm sein Handy abzunehmen, ihn zu verhaften und ihn bis zu seiner späteren Vorführung in einer Zelle auf der Gerichtswachtmeisterei zu verwahren.


Nach ca. 15 Minuten “Inhaftierung” wird der – so das „spätere Hauptverhandlungsprotokoll – “Störer Dr. N” vorgeführt. [...] Ein Tag Ordnungshaft § 178 Abs.1 GVG wegen gröblicher Ungebühr! “Herr Wachtmeister, führen sie den Störer ab.

Rund drei Stunden später ist der Spuk vorbei, nachdem das OLG Hamm eiligst zunächst die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses vorläufig aussetzt, um wenig später im Beschluss vom 6.6.2003 in aller Deutlichkeit die Unzulässigkeit sowohl der Entfernung aus dem Sitzungssaal als auch der Anordnung von Ordnungshaft festzustellen.

[...]
Entsprechend ist in der deutschen Rechtsgeschichte noch nie (!), noch nicht einmal während der Herrschaft des Nationalsozialismus, ein Verteidiger durch einen Gerichtsvorsitzenden im Gerichtssaal verhaftet worden.
Quelle: StrFo 8/2005, Ordnungshaft gegen den Verteidiger – Eine Justizposse aus Hagen; zum Beschluss des OLG Hamm – 2 Ws 122/03 -, von RA Dr. Frank Nobis

In seiner Laudatio während der Preisverleihung trägt der Berliner Rechtsanwalt Dr. Stefan König, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung BerlinerStrafverteidiger e. V.unter anderem vor:

Ich sehe Ihre preiswürdige Leistung [...] darin, daß Sie uns durch Ihr unerschrockenes Auftreten vor einem offenbar aus dem Ruder des Rechts gelaufenden Gericht daran erinnert haben, wo das Herz der Strafverteidigung schlägt:

Nämlich im Eintreten für den Angeklagten im Hier und Jetzt der alltäglichen, präsenten Konfrontation der Verfahrensbeteiligten.

Sowohl die von Dr. Nobis reklamierte Haftentscheidung als auch die ordnungsrechtlichen Maßnahmen des Gerichts, nein: des Richters!, stellen einen offenen Rechtsbruch dar. Die Verhaftung und die Verhängung der Ordnungshaft gegen ein Organ der Rechtspflege wurde daher auch von dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft zutreffend als unzulässig bezeichnet. Der Richter Kleeschulte konnte, sollte und mußte also wissen, was er da tat.
Wie Herr Dr. Nobis in seiner Dankesrede mitteilte wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Richter, das wegen Rechtsbeugung (und Freiheitsberaubung?) mangels nachweisbarem Vorsatz eingestellt, die Dienstaufsichtsbeschwerden als unbegründet zurückgewiesen. Richter Kleeschulte sei nach wie vor noch (Straf-)Richter am Amtsgericht Hagen.
An dieser Stelle auch von mir, wenn es einem kleinen Strafverteidiger denn zusteht, einen herzlichen Glückwunsch zu diesem Preis und meine Hochachtung für sein Verteidigerverhalten an Herrn Kollegen Dr. Nobis.



In Hoenigs Blog dann die treffende Kommentierung einer Leserin:


Wir brauchen viel mehr von Verteidigern, Anwälte, Juristen, die das Grundgesetz auch im Tagesgeschäft im Auge haben. Menschen mit Rückgrat, Leidenschaft und aufrechtem Gang.

Dem kann ich natürlich nur zustimmen, sehr wohl wissend, dass genau das einem zwar immer schwer gemacht wird, aber: Wir müssen da durch!

12 November 2005

Schüler aus Braunschweig bei der Polizei

Die Schüler einer 4. Klasse einer Schule in Braunschweig haben etwas erfahren, was eigentlich nicht wahr sein darf. Die Braunschweiger Zeitung berichtet heute:

Michael Schlutow demonstrierte der Klasse anschließend wichtige Teile der Ausrüstung: Handschellen, kugelsichere Weste, Schutzhelm, Funkgerät und Schlagstock. Trotz Schutzkleidung und Ausrüstung gibt es Situationen, in denen sich ein Polizist unsicher fühlt oder Angst verspürt.

"Man darf nie vergessen, dass hinter der Uniform ein Mensch steckt. Und man weiß nie, auf was man sich einstellen muss", erklärt Schlutow den gespannten Schülern.


Ein Besuch, den so mancher Richter oder Staatsanwalt auch einmal durchführen sollte, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass hinter der Uniform ein Mensch steckt. Denn wenn man das erkennt, weiß man auch, dass Menschen hin und wieder lügen oder zu feige sind, eigene Schwächen einzugestehen.

Vielleicht würde ein solcher Besuch der Polizei dann den ein odere anderen ein wenig aus dem Wolkenkuckuksheim herunterholen, in dem man immer noch glaubt, Polizisten würden als Zeugen immer die Wahrheit sagen, insbesondere, wenn man sie schon seit Jahren als Beamte ohne Fehl und Tadel kennt.

Diese massive Fehleinschätzung durch Richter und Staatsanwälte hat schon so manchen unbescholtenen Bürger richtig alt aussehen lassen.

11 November 2005

WebSite Landgericht Braunschweig

Heute brauchte ich mal die Fax-Nummer des Landgerichts Braunschweig,ich war nicht im Büro. Ok, dachte ich, kein Problem, jedes Gericht präsentiert sich im Internet - so auch das Landgericht Braunschweig. Und dann, ich mag ja völlig fehlgeleitet sein, stelle ich fest, dass jede Telefon- und Faxnummer der Amtsgerichte im Bezirk zu finden ist, aber des Landgerichts? Ich finde sie nicht. Gibt es sie und ich finde sie nur nicht oder sind sie wirklich nicht aufgeführt?

Schreibe hiermit die Fahndung aus.

Lehrerinnensex mit Schüler Amtsgericht Regensburg

Wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines 13 Jahre alten Schülers ist am Freitag eine Lehrerin vom Amtsgericht Regensburg zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Die Pädagogin soll im Frühjahr 2004 zwei Schüler in ihre Wohnung eingeladen haben. Dort soll die Klassenlehrerin den Kindern Bier, so genannte Alkopops sowie Zigaretten gegeben haben, während ihr Mann gerade auf einer Dienstreise im Ausland war. Später habe sie die Jungen in ihr Schlafzimmer geführt und sie aufgefordert, sich in das Ehebett zum Schlafen zu legen, hieß es von der Anklage. Die Frau habe sich dann im Nachthemd dazu gelegt. Dort begann sie laut Anklage, einen Jungen zu streicheln und ihn auszuziehen. Schließlich soll es zum Geschlechtsverkehr gekommen sein.

Wenn die Verurteilung erfolgt wäre wegen des Bieres, der Alkopops oder der Zigaretten, dann wäre das noch nachvollziehbar.

Wegen des Geschlechtsverkehrs, wenn es ihn dann gegeben haben sollte, dürften die bayrischen Strafzumessungsgrundsätze nicht der StPO sondern irgendwelchen mittelalterlichen Hexenvebrennungsgrundsätzen entnommen worden sein.

Das insbesondere deshalb, weil es ja wohl nicht geklappt hätte, wenn es dem jungen Mann nicht gefallen hätte.

Widerspruch????

10 November 2005

Landgericht Braunschweig verurteilt Mutter wegen Tötung der Tochter

Eine psychisch kranke Frau aus dem Harz, die ihre einjährige Tochter in der Badewanne ertränkt hat, muss für viereinhalb Jahre in Haft. Das hat das Landgericht Braunschweig am 10.11.2005 entschieden.

Die Angeklagte wollte Selbstmord begehen und hat das Kind mit in den Tod nehmen wollen. Auslöser der Tat soll eine sich zuspitzende Krisensituation gewesen sein. Als strafmildernd hat das Gericht die „seelische Abartigkeit“ der 34-Jährigen gewertet, jedoch von einer Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus abgesehen.

Ob mit diesem Urteil die angemessene Reaktion auf das Geschehen gefunden wurde, ist durchaus umstritten, da das Gericht es für unwahrscheinlich hält, dass die Angeklagte zukünftig eine Gefahr für Dritte darstellt.

Iserlohn lohnt sich schon

Durch die Anordnung einer kommissarischen Vernehmung eines Zeugen vor dem Amtsgericht Iserlohn durch das Amtsgericht Quedlinburg durfte ich das erste Mal in meinem Leben das Amtsgericht Iserlohn aufsuchen. Der Weg, den mir mein Navi durch Iserlohn vorgab, hat bei mir nicht den Eindruck hinterlassen, diese Stadt zukünftig als meinen Altersruhesitz auszusuchen. Aber vielleicht bin ich ja nur die falschen Straßen entlanggefahren.

Das Gericht selbst ist eingebettet in üppige Vegetation und vermittelt für ein Amtsgericht in einer solch nicht übermäßig großen Stadt einen recht mächtigen Eindruck.

Was mich aber sehr viel mehr beeindruckt hat, war die ausgesprochene Freundlichkeit und Zuvorkommenheit der Mitarbeiter des Gerichts. Trotz der feierabendnahen Zeit von 15.00 Uhr wird man schon beim Einlass sehr nett begrüßt und es wird sofort gefragt, welchen Raum man sucht, wie man dort hinkommt, später wurde ich dort freundlich verabschiedet und mir wurde eine gute Heimfahrt gewünscht.

Und dann der Vernehmungsrichter. Freundlich, höflich, locker und souverän. Begrüßung und Verabschiedung per Handschlag, absolut faire Zeugenvernehmung, ist nicht pikiert, wenn man korrigiert, sondern freudig erregt mit der anschließenden Bitte, doch die Korrektur gleich selbst der Protokollführerin zu diktieren.

So soll es sein, ist aber bekanntermaßen leider die Ausnahme bei deutschen Gerichten. Ein höchst angenehmer Ausflug.

Staatsanwaltschaft Braunschweig und die VW-Affäre

Die Braunschweiger Zeitung berichtet heute darüber, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen der Vorgehensweise bei den Ermittlungen in der VW-Affäre in die Kritik gerät.

IG-Metall-Chef Jürgen Peters hat in der VW-Affäre scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft Braunschweig geübt.

"Ich habe langsam den Eindruck, dass diese Staatsanwaltschaft politischen Motiven folgend hier permanent eine Sache am Kochen hält", sagte Peters gestern kurz vor einer Vertrauensleute-Versammlung im Werk Braunschweig. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft angekündigt, sie wolle den Ex-Personalmitarbeiter Klaus-Joachim Gebauer erneut vernehmen. Der Sprecher der Behörde, Klaus Ziehe, erwiderte auf Peters‘ Vorwurf: "Unserer Arbeit politische und damit sachfremde Motive zu unterstellen, ist deutlich verfehlt und deshalb zurückzuweisen."

Peters, der auch dem VW-Aufsichtsrat angehört, sagte weiter: "Herr Gebauer hat sich nach meiner Auffassung in einem Netz verstrickt." Die Beteiligten hätten VW zu ihrem Nutzen schaden wollen. "Das heißt: Hier ist ein krimineller Akt zu unterstellen." Dies werde in der Öffentlichkeit wie ein Kavaliersdelikt behandelt, andere Verfehlungen hingegen würden aufgebauscht. Mit Blick auf das KPMG-Gutachten und die morgige Aufsichtsratssitzung sagte Peters: "Ich erwarte, dass endlich Schluss gemacht wird mit der Hatz auf Betriebsräte."


Hoffentlich wird man der Staatsanwaltschaft Braunschweig nicht später wieder einmal unterstellen, dass bestimmte Abteilungen unterdurchschnittlich besetzt sind, wie dies zum Beispiel im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Göttinger Gruppe verschiedentlich behauptet wurde.

09 November 2005

Mandat zu vergeben

Über den Kollegen Günter Paul, der das NOK vertritt, berichtet die FAZ heute gewisse Peinlichkeiten:

Doch hier geht es nicht allein um waghalsige Behauptungen und wacklige Beweisführung. Der vorlaute Jurist hat den gebührenden Anstand und die gebotene Achtung vor den Opfern vermissen lassen. Und er hat die Atmosphäre abermals vergiftet, die zwischen Klägerin und Beklagtem nach Jahren der völligen Ignoranz auf seiten des NOK allmählich eine Annäherung im Gespräch ermöglicht hatte. Die frühere Leichtathletin Ines Geipel, inzwischen Professorin für Deutsche Verssprache, hat sich gewiß nicht im Ton vergriffen, als sie von "Rufmord" sprach. Paul plappert, polemisch und provokant, peinliche Platitüden nach, die nicht nur dem Ansehen der ohne ihr Wissen gedopten Sportler schaden, sondern auch einem NOK, das erst mühsam für dieses dunkle Kapitel deutscher Sportgeschichte sensibilisiert werden mußte. Es wäre ein sachdienlicher Hinweis, wenn sich die Olympier von den unqualifizierten Äußerungen ihres Rechtsvertreters distanzierten - und das Mandat in Hände legten, die diese hochheikle Sache mit Fingerspitzengefühl anpacken.


Es fällt selbst mir, als "Kantholz" bezeichnet, schwer, solcherlei Gequatsche eines Kollegen nachvollziehen zu können.

08 November 2005

Bisky und kein Ersatz

Wie alle wissen, ist Lothar Bisky heute auch im vierten Anlauf bei der Wahl zum Vizepräsidenten des Bundestages gescheitert. Die Linkspartei soll nun auf einen abermaligen Wahlgang verichten. War es doch ein wenig zu viel Vergangenheit?

Auch einen Ersatzkandidaten für den durchgefallenen Lothar Bisky soll es wohl nicht geben, wird gerade mitgeteilt.

Moshammer und sein Doppelgänger

Die BILD-Zeitung berichtet am Dienstag, 8. November 2005, 16.13 Uhr:

Rudolph Moshammers „Doppelgänger“ ist nach seiner Zeugenaussage im Prozeß um den Mord an dem Modemacher vor dem Schwurgericht München I festgenommen worden. Der Koch aus Passau, der am Rande der Verhandlung Fernsehinterviews gegeben hatte, steht unter dem Verdacht der Falschaussage. Er hatte behauptet, seinem homosexuell veranlagten Idol zwei Jahre lang mindestens zehn junge Männer als Gespielen vermittelt zu haben.

Wenns denn stimmt, fragt sich der geneigte Leser, welcher Haftgrund hier vorliegen soll und ob man in Bayern - was mancher manchmal glauben mag - von der Verhältnismäßigkeit von Untersuchungshaft eher weniger gehört hat.

Kreuzberg ist nicht Paris

Die Sueddeutsche Zeitung berichtet heute:

Was nun täglich aus Paris zu sehen ist, das gab es in Berlin bisher nur an einem einzigen Tag im Jahr, am 1. Mai, und schon darüber ist die Empörung in der Regel groß. Immer öfter randalierten an diesem Tag nicht nur junge deutsche Steinewerfer aus der autonomen Szene, sondern auch 14-, 15-jährige türkische Jungen, die ihre Männlichkeit unter Beweis stellen wollten.

Und doch war in diesem Jahr alles anders. Die Bewohner von Kreuzberg hatten ein Bürgerfest organisiert. Auf den Plätzen, wo früher Steine flogen, wurde getanzt, wo Autos brannten, gab es Bratwurst. Und die gleichen Jugendlichen, die früher Autos abfackelten, schützten nun die Bühnen der Bands, die Musik machten. „Man verteidigt nun seinen Kiez, man zerstört ihn nicht mehr“, sagt Sozialarbeiter Marc Schulte, der am Mariannenplatz in Kreuzberg das Quartiersmanagement leitet.


Und ab dem 01.01.2006 wird nun auch der hochverehrte Kollege Carsten R. Hoenig in Kreuzberg residieren und zur Verteidigung des Kiezes beitragen. Die Wanne wurde dort ja schon gesichtet.

Amtsgericht Mettmann mailt

Am heutigen Vormittag beginnt das Amtsgericht Mettmann damit, das Spam-Urteil zu versenden. Mehreren Interessenten ist es bereits zugegangen. Es bleibt abzuwarten, ob tatsächlich alle Interessenten bedient werden.

05 November 2005

Wert von Rauschgift

WWW.Jurion.de berichtet im www.Marktplatz-Recht.de:

Landgericht Göttingen
Darf ein Anwalt von der Straftat seines Mandanten profitieren?

Je höher das Anwaltshonorar, desto krimineller der Mandant?

Ein merkwürdiger Antrag nach dem neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz:

Nach dem im letzten Jahr neu gefassten Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhält ein Verteidiger in Strafsachen eine zusätzliche Vergütung, wenn es zu einer Einziehung oder dem Verfall von Vermögenswerten des Angeklagten gekommen ist, bspw. zur Abschöpfung der illegalen Gewinne aus Straftaten. Die Höhe der zusätzlichen Gebühr richtet sich dabei nach dem Wert des eingezogenen Gegenstandes oder für verfallen erklärten Geldbetrages. Sie kann bis zu 2.996,--€ betragen.

Ende September hatte das Landgericht fünf Heroindealer zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Im Verfahren waren auch über 5 Kilogramm Heroingemisch eingezogen worden.

Nunmehr kam einer der fünf Verteidiger auf den originellen - vom Gesetzgeber wohl kaum vorhergesehenen - Gedanken, die neue Vergütungsvorschrift auf das eingezogene Rauschgift anzuwenden und beantragte, zur Bemessung seines zusätzlichen Honorars den Tagespreis des Heroins - 20,--€ je Gramm - zugrunde zu legen.

Die 2. Strafkammer des Landgerichts schob dem aber einen Riegel vor und lehnte den Antrag ab (Auszug aus dem Beschluss vom 12.10.2005 - Az.: 2 Kls 20/05):

„Der „Wert“ des bei den Verurteilten zwecks Einziehung sichergestellten Heroins war nicht zu berücksichtigen. Denn der gemäß § 33 RVG für die Gebühr nach VV 4142 festzusetzende Gegenstandswert ist der objektive Verkehrswert der Sache, weil die Gebührenregelung (nur) solche Fälle erfassen will, in denen die Beschlagnahme oder Einziehung von Sachwerten für den Beschuldigten eine nicht nur unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat und deshalb die Tätigkeit des Rechtsanwaltes erheblich umfangreicher und verantwortlicher ist. Der zeitweilige oder endgültige Verlust von Gegenständen, die keinen objektiven Verkehrswert haben, berührt die wirtschaftlichen Belange des Besitzers nicht, mag er diesen auch als Nachteil empfinden. Gleiches gilt für Sachen, die lediglich einen subjektiven Unrechtswert haben; auch dieser bleibt bei der Bewertung außer Betracht. Betäubungsmittel, die unter Verstoß gegen die Bestimmungen des BtMG in Besitz gehalten werden, haben regelmäßig keinerlei objektiven Verkehrswert, weil für den Besitzer jegliche Form der Veräußerung und der Weitergabe ausnahmslos verboten und unter Strafe gestellt ist und auch den Strafverfolgungsbehörden nach der Einziehung mangels legaler Verwendbarkeit nur die Vernichtung der Betäubungsmittel bleibt. Dass die Betäubungsmittel für den Besitzer subjektiv einen Wert darstellen mögen, weil er – illegale – Verwertungsmöglichkeiten kennt, ist als rein subjektiver Unrechtswert irrelevant.“

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage hat die Kammer die Beschwerde zugelassen. Diese ist auch schon eingelegt, so dass demnächst das Oberlandesgericht Braunschweig eine Grundsatzentscheidung zu treffen haben wird.

Der Autor verkennt natürlich, dass es mit der Einheit unseres Rechtssystems kaum vereinbar ist, im Rahmen der Strazumessung einem Angeklagten u.a. die Höhe des Wertes des Rauschgiftes anzulasten, bei der Wertbestimmung aber so zu tun, als sei der Wert = 0.

Und: Merkwürdige Anträge sind besser als keine Anträge!
 

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