01 September 2010

Richterliche Fantasien

Eine ehemalige Richterin eines Amtsgerichtes, die jetzt glücklicherweise wieder zur Staatsanwaltschaft abgeordnet wurde, hat in einem ihrer (hoffentlich endgültig) letzten Urteile mal wieder ihre eigene Fantasie geradezu olympisch spielen lassen und eigene harte Strafzumessungsregeln erfunden.

Aus der Erklärung des Angeklagten, der äußere Ablauf der Sachverhaltsannahme der Staatsanwaltschaft werde bestätigt, wurde im Urteil, dass der Angeklagte ein Geständnis dahingehend abgelegt habe, dass er aus "Profitgier" gehandelt habe.

Extrem strafschärfend haut die Dame dann noch raus, dass der Angeklagte den Schaden nicht wieder gutgemacht habe.

Gut, dass Richter, die keine Ahnung von Strafrecht haben, letztlich wieder bei der Staatsanwaltschaft landen.



DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung
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12 Kommentare:

Joe Nevermind hat gesagt…

Irgendwie fände ich es besser, wenn Richter, die keine Ahnung von Strafrecht haben, auf der Straße landen!
Auch als Staatsanwalt kann der oder diejenige noch für eine Menge Unbill sorgen.

Aber das ist nur meine Meinung.
Gruß
Joe

Werner Siebers hat gesagt…

@Geschichtenblogger

Ich könnte Ihnen ja möglicherweise zustimmen, da ich aber in meinen Meinungsäußerungen immer sehr zurückhaltend bin und die Sachen lieber seicht umschreibe, traue ich mich nicht, hier zu sagen: Weg mit dem Dreck.

Anonym hat gesagt…

> da ich aber in meinen
> Meinungsäußerungen immer sehr
> zurückhaltend bin und die Sachen
> lieber seicht umschreibe

YMMD!

RA JM hat gesagt…

"Gut, dass Richter, die keine Ahnung von Strafrecht haben, letztlich wieder bei der Staatsanwaltschaft landen." - Immer noch besser als bei der Berufungskammer. ;-)

Christian hat gesagt…

Es ist ein Unding, dass solche Wechsel von der Judikative in die Exekutive (und noch schlimmer sind die Wechsel in die andere Richtung) überhaupt möglich sind. Wenn der Richter vorher Staatsanwalt war und dann die ehemaligen Kollegen die Anklage vertreten - wie kommt dann wohl das Urteil zustande?

Und das nächste Ärgernis ist, dass der Richter, der im Zwischenverfahren entscheidet (Tatverdacht vorhanden), der gleiche ist, der dann das Hauptverfahren führt. Für einen Freispruch muss er sich dann gegen seine frühere Überzeugung entscheiden. Deutsches Strafprozessrecht...

Rumms hat gesagt…

"(...) der Angeklagte den Schaden nicht wieder gutgemacht habe (...)"

Die Geschädigten, sofern Privatleute, denken vielleicht über den Verurteilten ähnlich: "Weg mit dem Dreck!"

kj hat gesagt…

Die Dame muss jetzt als Gruppenleiter bei der Staatsanwaltschaft ihre Kollegen zur harten Gangart anhalten und wenn sie das auch kann, wird sie befördert und bekommt, da sie Strafrechtsexpertin ist, die vorsitzende Richterstelle bei der Berufungskammer.

Peter Storch hat gesagt…

war die dame auch mal zivilrichterin am ag braunschweig?

Anonym hat gesagt…

Solche Wechsel sind aber nicht überall üblich. Ein Staatsanwalt, der sich auf eine Richterstelle beworben hatte, berichtete mir einmal frustriert, man habe ihm auf seine Bewerbun ganz verständnislos geantwortet, ein Staatsanwalt könne doch kein Richter werden, höchstens umgekehrt... Höhere Instanzen haben ihm aber nach langem Kampf schließlich mit Bedauern bestätigen müssen, daß das irgendwie wohl doch möglich sei. :-) Heute ist er Richter. Und nicht der Schlechteste.

kj hat gesagt…

Es ist nicht im Interesse eines Rechtsstaates das Staatsanwälte Unschuldige überhaupt verfolgen oder Schuldige mit unangemessene Strafen verfolgen. Das gleiche gilt für den Richter. Daher besteht kein Grund, warum ein Wechsel nicht sein soll. Es ist ja auch so, dass die Regel gilt, das ein Staatsanwalt der irgendwann was mit der Akte zu tun hatte, die Sache nicht als Richter bearbeiten darf.

Ich denke Richter sprechen deswegen auch oft höhere Strafen aus, als der Staatsanwalt beantragt, oder gibt es hier andere Erfahrungen?

laertes hat gesagt…

@kj:
ich empfehle Ihnen dringend, das letzte kapitel aus der aktuellen (26sten) auflage des roxin/schünemann strafverfahrensrecht zu lesen.
der autor kritisiert dort fundiert insbesondere auch das problem des jederzeit möglichen laufbahnwechsels.

kj hat gesagt…

@laertes
habe kein Zugriff auf das Buch. Es sollten mal eine Gruppe von Volljuristen entscheiden, ob sie bei gleichem Sachverhalt als Richter eine Anklage zulassen oder als Staatsanwalt eine Anklage erheben sollen. Die Staatsanwälte stellten öfter die Verfahren ein, als die Richter die Anklage nicht zuliessen.

Die Subsumtion ist die gleiche, warum soll ich meine juristische Haltung über Bord werfen, nur weil ich die Laufbahn wechsele.

Der Staatsanwalt betont natürlich die Interessen des Geschädigten,
erwähnt nur kurz was für den Angeklagten spricht und überläßt dies dem Verteidiger, damit nicht zusehr die strafmildernden Gründe ins Gewicht fallen. Dadurch bleiben die Richter meist etwas unter der verlangten Strafe vom Gericht. Soweit der Angeklagte ohnr Verteidiger da steht, muss der Staatsanwalt auch diesen Part übernehmen

 

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