24 Juni 2011

Der pseudosachverständige Verkehrs-Schupo

Die Mandantin war möglicherweise beim Einparken etwas unvorsichtig, jedenfalls waren an dem neben ihrem Fahrzeug geparkten PKW im Seitenbereich Schleifspuren und leichte Eindellungen zu sehen und an ihrem eigenen Fahrzeug leichte Schäden, die auf den ersten Blick wohl korrespondierten. Sie selbst war, als das festgestellt wurde, nicht mehr vor Ort, auf dem Armaturenbrett ihres Autos lag aber - wie immer - gut sichtbar ein Schild mit ihrem Namen und ihrer Geschäftsanschrift gleich in der Nähe. Sie hatte von dem angeblichen Anstoß nichts bemerkt.

Das war jetzt der Auftritt von PHK B. vom Verkehrsunfalldienst. PHK B. warf einen erfahrenen Blick auf die Beschädigungen und wusste natürlich sofort und unumstößlich, dass der Fahrer des einparkenden Fahrzeugs den angeblichen Anstoß natürlich bemerkt haben musst und insbesondere, dass jeder Autofahrer immer auch kleinere Anstöße dieser Art zweifellos bemerkt! (Vielleicht kann er selbst nicht richtig einparken und merkt immer, wenn er die Nachbarautos anrumpelt)

So nach dem Motto: Schreib ich das schon mal so unumstößlich in die Akte, damit meine hochwichtigen Ermittlungen auch sicher zu einer Verurteilung führen.

Ich habe dann als Verteidiger die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht bereits darauf hingewiesen, dass sich der Zeuge gefälligst im Rahmen seiner beruflichen Aufgabe, den Ermittlungen, zu bewegen hat und es zu unterlassen hat, mit pseudosachverständigem Gelabere zu versuchen, unlauter Ermittlungsergebnisse zu beeinflussen.

Das fand der Dienstherr gar nicht gut und hat dann mitgeteilt, dass man natürlich aber auch nicht im Allergeringsten Grund habe, die fachkompetenten, sachlichen und fairen Feststellungen des eigenen Mitarbeiters zu rüffeln.

Blöd jetzt, dass meine Mandantin gestern vom Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Vorwurf des Unerlaubten Entfernens vom Unfallort freigesprochen wurde, weil der beauftragte Sachverständige ausführlich erklärt hat, dass die festgestellten Beschädigungen und die Örtlichkeiten gerade nicht den zwingenden Schluss zulassen, dass die Freigesprochene den angeblichen Anstoß hätte bemerken müssen.

Witzig noch: Viele Polizeibeamte haben jedenfalls in der hiesigen Region die Angewohnheit, den Steuersäckel damit zu belasten, dass sie, wenn ihre Zeugenaussage abgeschlossen ist, noch im Zuschauerraum des Gerichtes verbleiben und ihre Dienstzeit verbrennen, selbst dann, wenn die Sache völlig klar ist und es erkennbar keinen Sinn macht, wenn sie dort verweilen und damit ihren tatsächlichen dienstlichen Aufgaben entzogen sind.

PHK B. verschwand sofort, vielleicht hat er ja geahnt oder sogar gewusst, dass sein pseudosachverständiges Gequatsche völlig haltlos ist und ahnte schon, dass man bei Gericht doch nicht so dumm ist, sich auf das zu verlassen, was er sich ausgedacht hat.



DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung

3 Kommentare:

Jens Müller hat gesagt…

Wer hat wem einen Zettel hinterlassen?!

Werner Siebers hat gesagt…

Niemand hat einen Zettel hinterlassen. Die Mandantin hat den angeblichen Anstoß nicht bemerkt, die Hinweise auf ihren Aufenthaltsort lagen aus anderen Gründen auf ihrem Armaturenbrett.

kj hat gesagt…

Die Gutachter sind meist der Meinung, Autofahrer merkt den Anstoß. Denke das die Staatsanwaltschaft deshalb einfach Strafbefehl beantragt, egal was der Polizist meint, der dann auch erlassen wird. In der Hauptverhandlung soll dann ein Sachverständiger klären, ob die Angeklagte den Unfall bemerkt hat.
Denke eine hohe Prozentzahl akzeptiert den Strafbefehl, allein wegen der hohen Sachverständigenkosten.
Ohne Rechtsschutz wäre es ja zu überlegen, den Strafbefehl zu akzeptieren, auch wenn man nix bemerkt hat, wenn die Geldstrafe gering ist. Die Sachverständigen haben ja auch nicht immer den besten Ruf, entscheiden dann aber den Prozess.

 

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