Heute, am zweiten Verhandlungstag in der Berufungshauptverhandlung beim Landgericht Braunschweig, geschah es dann doch. Die Angeklagten hatte berichtet, dass sie einen Zeugen aufgefordert hatten, einen Schaden wieder gutzumachen. Der Zeuge soll dann gesagt haben, er müsse noch ein paar Drogen verkaufen, eine Woche später hätten die Angeklagten dann von dem Zeugen 500,00 € bekommen.
Das war bisher alles unter Erpressung und Nötigung abgehandelt worden, heute erteilte dann der Vorsitzende vor dem Schluss der Beweisaufnahme den rechtlichen Hinweis auf eine mögliche Bestrafung wegen Geldwäsche.
Und dann gings los! Mein Mandant hatte einen 500€-Schein bei sich. Ich stand auf und überbrachte diesen im Gerichtssaal im Hinblick auf § 261 Abs. 9 Nr. 2 StGB der Frau Staatsanwältin mit der Bitte um Sicherstellung. Die lehnte das ab und wollte den Schein zurückgeben.
Ich teilte dann mit, dass weder der Mandant noch ich den Schein zurücknehmen würden, darauf diente die Sitzungsvertreterin den Schein dem Gericht an: die wollten ihn auch nicht. Nun lag er da so für sich hin.
Es wurden dann rechtliche Recherchen vorgenommen, Abteilungsleitungen eingeschaltet, die Köpfe dampften.
Ich habe dann noch vorsorglich zu Protokoll eine Selbstanzeige meines Mandanten wegen des Verdachtes der Geldwäsche erklärt, um auch § 261 Abs. 9 Nr. 1 StGB auf unserer Seite zu haben.
Letztlich gingen alle Beteiligten inklusive Vorsitzendem und der fairen Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft recht souverän mit der Situation um.
Und als dann die Kammer nicht wegen Geldwäsche verurteilt hat, weil nicht auszuschließen ist, dass das Geld gar nicht aus einem Drogenverkauf stammte, habe ich den Anblick nicht mehr ertragen können und habe den
schnell wieder dem Zugriff der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes entzogen.
DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung
4 Kommentare:
Das nennt sich dann wohl "Aufrechnungslage schaffen" bezüglich Honorarforderungen.
@anonym
bei Aufrechnung wäre es doch Geldwäsche des Anwaltes, wenn der die Herkunft des Geldes kennen würde, evt. reicht ja dolus eventalis, oder?
Wenn Mandant dann plötzlich zum Feind wird, kann das unangenehm werden.
@ kj
Grds. reicht d.e., allerdings gilt nach BVerfG für Strafverteidiger, dass sie für eine Strafbarkeit sichere Kenntnis davon haben müssen, dass das Geld aus einer Katalogtat stammt.
Die eigentlich interessante Frage ist doch hier:
Wie kann eine Tat noch "entdeckter" (vgl. Wortlaut § 261 Abs. 9) sein, als nach Aufklärung des Sachverhaltes in öffentlicher Hauptverhandlung und diesbezüglichem rechtlichen Hinweis?
Hätte nur einer der anwesenden Volljuristen (vorzugsweise der Verteidiger vor Auspacken einer derartig grandiosen Verteidigungsstrategie) mal das Gesetz gelesen, wäre der geschilderte Slapstick wohl ausgeblieben.
Dass - abseits der zweifelhaften Beweisbedeutung - noch nicht einmal darüber nachgedacht worden ist, den Schein zur Vorbereitung des Verfalls (des Wertersatzes) oder der Rückgewinnungshilfe (je nach genauer Fallgestaltung) zu beschlagnahmen, ist wiederum peinlich für die "Gegenseite". Oder kann man bei dem Mandanten etwa davon ausgehen, dass er auch in Zukunft immer 500er-Scheine mit sich rumtragen wird?
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