09 Juni 2008

Gerade noch die Kurve bekommen

Der Direktor eines kleinen Amtsgerichts muss aus Vertretungsgründen hin und wieder Strafsachen machen. Was er dabei so verbreitet, lässt den Zuhörer an manchem zweifeln.

Ein kleiner Lacher bei dem Hinweis der Verteidigung, dass Zeugen zunächst zu belehren sind. Richtig heftig wurden dann aber die Meinungsäußerungen des Herrn Direktor, als ich als Verteidiger darauf hinwies, dass nicht nur keine Wahlgegenüberstellung stattgefunden habe, sondern dass die Polizei meinen Mandanten vorgeführt hat wie einen Affen im Zoo.

Man hatte ihn als Tatverdächtigen in einen Streifenwagen gesetzt und zwei Zeuginnen vor der Nase abgeparkt. Als ich der Verwertung mit dem Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung widersprach, meinte der Herr Direktor zunächst, dass ich ja wohl kaum erwarten könne, dass man nach 22.00 Uhr mehrere ähnlich ausschauende Personen findet.

Auf meinen Hinweis, dass man den nächsten Morgen abwarten könne, erwiderte er, dann würde ich ja rumschreien, dass der Mandant die ganze Nacht festgehalten worden wäre. Mein weiterer Einwand, auch der Mandant könne am nächsten Morgen wieder erscheinen, überhörte er, offenbar, weil ihm dazu nichts mehr einfiel.

Unfassbar jedoch dann seine Stellungnahme zu der höchstrichterlichen Rechtsprechung: Das sei ja schon toll, was die sich da alles ausgedacht hätten, aber man müsse ja nicht allen Quatsch mitmachen.

Und das vor Zuschauern! Niemand muss sich wundern, dass der Bürger den Glauben an die Justiz verliert, wenn sich Amtsgerichtsdirektoren öffentlich dazu bekennen, dass ihnen die höchstrichterliche Rechtsprechung schlicht "Wurscht" weil Quatsch ist.

Solch eine Einstellung ist schon schlimm genug, sie öffentlich als Richter vor Zuschauern zu äußern, ist eine verantwortungslose Frechheit sonders gleichen.

Wohl aufgrund meiner harschen Kritik und der Ahnung, dass ich genug für eine Sprungrevision zusammen hatte, hat er dann noch die Kurve bekommen und meinen Mandanten mit einem anderen Argument, das ich ihm im Plädoyer geliefert hatte, freigesprochen; allerdings, nicht ohne zu betonen, dass meine Formulierung der Vorführung eines Affen im Zoo falsch sei, denn die Polizeibeamten hätten lediglich ihre Pflicht erfüllt.

Der Herr Direktor wird es wohl nie begreifen und die Polizei glaubt mal wieder, alles richtig gemacht zu haben.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Solch eine Einstellung ist schon schlimm genug

Hoch lebe die richterliche Unabhängigkeit.

Anonym hat gesagt…

Das hab ich auch gedacht. Trotz anders lautender Gerüchte gibt es in Deutschland eben keine case law. Gut, dass es noch Richter gibt, die sich dessen bewusst sind und nicht alles nachplappern, was der BGH irgendwann mal entschieden hat.

Anonym hat gesagt…

Gut, dass es noch Richter gibt, die sich dessen bewusst sind und nicht alles nachplappern, was der BGH irgendwann mal entschieden hat.
Bitte den Ironiedetektor feinjustieren. ;-)

Anonym hat gesagt…

das ist alles abm, herr siebers. alles abm.

.~.

Anonym hat gesagt…

Wenn sich eine Richterin am LG Berlin über sämtliche Verfahrenswege in einer Hauptsacheverhandlung hinwegsetzen kann und nur nach ihrer Meinung und nicht nach den vorliegenden Beweisen urteilt, geschweige denn Beweise überhaupt sichtet, wundert mich sowas hier garnicht mehr.
Für Richter gilt scheinbar nicht einmal mehr ihr Eid.

 

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