28 Mai 2010

Begründung des Urteils gegen Tauss

Wie das Gericht zur Urteilsbegründung mittlerweile mitteilte , habe der Angeklagte den objektiven Sachverhalt in der Hauptverhandlung erneut eingeräumt. Gleichzeit habe er sich aber darauf berufen, dass er die ihm vorgeworfenen Handlungen nur vorgenommen habe um zu recherchieren, ob Kinderpornografie nicht auch oder sogar hauptsächlich über andere Wege als das Internet, insbesondere über das Mobiltelefon vertrieben werde, und ihm diese Recherche in seiner Eigenschaft als Bundestagsabgeordneter auch erlaubt gewesen sei.

Dem sei die Kammer aber nicht gefolgt. Die Vorschrift des §184b Abs. 5 Strafgesetzbuch (StGB), "die zur Straflosigkeit von Verhaltensweisen wie den angeklagten führt, wenn die Handlungen der Erfüllung dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen", sei im vorliegenden Fall "schon deshalb nicht anwendbar, weil ein Bundestagsabgeordneter nicht zu dem durch die Vorschrift privilegierten Personenkreis zu zählen ist und es ihm schon gar nicht obliegt, – so die anfängliche Einlassung des Angeklagten – einen Kinderpornoring zu 'sprengen', führte die Kammer zur Begründung aus, warum sie die Argumentation von Tauss ablehnte.

Auch sei die Kammer nach einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände "davon überzeugt, dass der Angeklagte nicht aus Gründen der ordnungsgemäßen Erfüllung seines Mandats 'recherchiert' hat, sondern aus privaten Gründen virtuell in der Kinderporno-Szene unterwegs war". Die Erkenntnisse, die der Angeklagte angeblich erst gewinnen wollte, hätten bereits vorgelegen; dies habe der Angeklagte auch gewusst. Er habe zudem "im Rahmen seiner Mandatsausübung keinen Gebrauch von seinen Erkenntnissen gemacht, obwohl sich dies insbesondere bei Beratungen über das Zugangserschwerungsgesetz geradezu angeboten hätte". Zudem sei das Handeln von Tauss "zur Erreichung des angeblichen Rechercheziels in jeder Hinsicht völlig ungeeignet". Es wäre zudem nicht erforderlich gewesen, "über eine derart langen Zeitraum Kontakte zur Kinderporno-Szene aufzunehmen und aufrecht zu erhalten". Außerdem bemängelte das Gericht, dass "der Angeklagte niemanden über seine angebliche Recherche unterrichtet hat, obwohl dies jedenfalls zur eigenen Absicherung nahe gelegen hätte".

Ausdrücklich betonte die Kammer, dass sie nicht festgestellt habe, der Angeklagte habe die Taten aufgrund eines sexuellen Interesses begangen; dies sei "für die Tatbestandsverwirklichung auch nicht erforderlich".

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Jörg Tauss und sein Anwalt kündigten bereits Revision an.

Quelle: heise


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4 Kommentare:

Carsten R. Hoenig hat gesagt…

Jörg Tauss und sein Anwalt kündigten bereits Revision an.

Nein, haben sie nicht.

Sie haben unabhängig von einander angekündigt, ein Rechtsmittel zu prüfen.

Insbesondere Herr Tauss wägt ab, ob er sich und seine Familie dem andauernden medialen Rundumschlag auch noch im Rechtmittelverfahren aussetzen möchte.

NEBGEN - rough justice hat gesagt…

Das hört sich nach einer sehr sorgfältigen Urteilsbegründung an.

Ich wundere mich sowieso, warum der Fall Tauss für so viele Leute so ungemein interessant zu sein scheint.

Aber ich bin auch kein Pirat. ;-)

Anonym hat gesagt…

Hallo Herr Nebgen,
Ihre Frage ist einfach zu beantworten: Fehlender Pragratismus.
Was genau hat er denn verbrochen, derHerr Tauss, Ihrer Ansicht nach?
Klar - er hat gegen ein Gesetz verstoßen, und sich strunzdumm angestellt.
Ein Fall von "Wenn Dummheit weh täte.."
Jou! Den hats erwischt. *g*

Das er verurteilt wurde - kein Wunder.

Was ich hinterfrage, ist die Sinnhaftigkeit des Gesetzes, in der gegenwärtigen Zeit.

Herr Nebgen, können Sie mir eine Person oder Sache, oder irgendwas auch immer nennen, die Herr Tauss geschädigt, oder auch nur bedroht hat?
Wozu wurde er verurteilt? Was ist der Sinn und Zweck?
Macht das irgendeinen Sinn?
Ich kann keinen erkennen. Bitte seien Sie so freundlich, und helfen Sie mir. Ich würde das gerne verstehen.

kj hat gesagt…

urteil klingt gut, nur den abschnitt über das sexuelle Interesse hätte man weglassen sollen, wenn es keine rolle spielt. wer guckt sich schon aus freien stücken kinderpornos an, wenn man nicht muss, ausser aus sexuellem interesse.
Denke mit dem Verurteilten und dem Programm Freiheit auch für Kinderpornos, Vergewaltigungs- und Mordvideos im Internet wird die Piratenpartei nimmer auf den gruenen Zweig kommen, auch wenn das restliche anliegen durchaus anhänger fände.

 

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