06 Juli 2012

Das wahre Märchen vom gelben Kuckuck by Dr. Ingo Friedrich

Uns Juristen sagt man nach, dass wir trocken, humorlos und langweilig sind. Ich will diesem Vorurteil nicht entgegentreten, aber auf eine rühmliche Ausnahme hinweisen:


Der Kollege Dr. Ingo Friedrich aus Babenhausen hat bewiesen, dass es auch Ausnahmen gibt, er hat ein Märchen geschrieben, das ausgesprochen humorvoll daherkommt - na gut, kann auch Galgenhumor sein aus Verzweiflung wegen des Umgangs mit dem gelben Kuckuck-, es ist jedenfalls lesenswert. Es lohnt sich wirklich, Zeile für Zeile bis zum Schluss auf sich wirken zu lassen!

Das wahre Märchen vom gelben Kuckuck

Liebe Kinder, ich möchte Euch ein Märchen erzählen. Und wie es so bei allen Märchen ist, hat auch dieses einen wahren Hintergrund: Es ist nämlich wirklich passiert! Und das kam so: Zum Märchenonkel kam eine Frau, in deren Auto ein anderes Auto hineingefahren war. Bumms! Eine solche Frau nennt sich "Mandantin". Immer, wenn ein solcher Mensch einen Unfall hat, an dem er nicht selbst schuld ist, kommen dann die Versicherungen vom anderen Autofahrer und kontaktieren ganz schnell die Mandantin, damit die ja keinen Rechtsanwalt, wie der Märchenonkel einer ist, beauftragt. Die Versicherung weiß nämlich ganz genau, dass es dann noch teurer für sie wird, und ist deshalb besonders freundlich. Aber vielleicht kennt ihr das von der Geschichte vom "Wolf im Schafspelz". Der Rechtsanwalt hilft nämlich, dass die Mandantin alles Geld bekommt, was ihr zusteht, und das in aller Regel auch noch viel schneller. Außerdem muss die Versicherung dann auch den Rechtsanwalt für seine Arbeit bezahlen. Und das alles freut die Mandantin. 
Der Märchenonkel hat dann ein Sachverständigengutachten zu der Versicherung geschickt. Und weil die Versicherung in Coburg sitzt und so eine ganz gelbe Farbe benutzt und sich so ähnlich anhört wie ein Kuckuck, heißt unser wahres Märchen so wie es eben heißt. Der Sachverständige hatte dann in seinem Brief geschrieben, dass an dem Auto der Mandantin ein merkantiler Minderwert (das sind aber schwierige Wörter!) entstanden war und der Kuckuck dafür 250,- € bezahlen sollte. Das hat die Versicherung aber nicht gemacht, sondern wollte das gar nicht zahlen, weil sich das Auto bereits im 9. Zulassungsjahr befunden hätte. Da hat die Mandantin aber ganz schön dumm geguckt! 
Und nachdem sie selber etwas im Internet gesurft hat, hat sie euren Märchenonkel gebeten, die Versicherung zu verklagen. Und was, liebe Kinder, glaubt ihr, hat die Versicherung dann gemacht? Sie hat sofort nach Zustellung der Klage bezahlt, aber ohne jede Begründung und ohne sich irgendwie zu entschuldigen. Und dann ist es für den Kuckuck richtig schwierig geworden. In Ziffer 1 der Klage hat der Märchenonkel nämlich verlangt, die Wertminderung mit Zinsen, wie schon vorgerichtlich verlangt, zur Vermeidung der Hebegebühr direkt an die Mandantin zu zahlen. In Ziffer 2 der Klage sollte die Versicherung die vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst Zinsen in Freistellung der Mandantin direkt an den Märchenonkel bezahlen. Das hat aber der gelbe Kuckuck gar nicht verstanden. Der hat nämlich alles in einen Topf geschmissen und an den Märchenonkel bezahlt. Und natürlich hat die Versicherung dann noch dazu geschrieben, dass die Zahlung „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht“ geschieht. Ja, jetzt fragt ihr euch vielleicht, was der Unterschied zwischen Äpfeln und Birnen ist? Dann müsst ihr mal in Coburg in ein Geschäft gehen und schauen, ob in einer Apfelsaftflasche nicht vielleicht Birnensaft drin ist. 
Der Märchenonkel hat dann die 250,- € an die Versicherung zurückgezahlt und der Versicherung das geschrieben und noch dazu geschrieben, sie solle auch einmal die Zinsen richtig ausrechnen. Das hat nämlich der gelbe Kuckuck auch nicht geschafft, obwohl ihr das doch schon in der Grundschule lernen müsst. Es ist eigentlich ganz einfach, man muss nämlich nur Plus-, Minus-, Mal-und Geteilt-Rechnen dafür können. Natürlich musste das dann auch dem Gericht erklärt werden. Und die Richter freuen sich immer ganz doll darüber, wenn Versicherungen ihnen so viel sinnlose Arbeit machen, weil den Richtern doch bestimmt sonst ganz langweilig würde. Außerdem hat der Märchenonkel dann beantragt, Termin zur Verhandlung anzuberaumen und dazu den Wolfgang als Vorstand vom gelben Kuckuck dazuzuladen. Danach hat der gelbe Kuckuck dann noch einmal 250,- € bezahlt, diesmal aber direkt an die Mandantin, so wie man es ja auch in der Klage lesen konnte (aber dazu muss man natürlich lesen können!). Der Märchenonkel hat das dann wiederum dem Gericht mitgeteilt und das Gericht gebeten, wegen der offenen Zinsen jetzt einen Verhandlungstermin anzuberaumen. Und dann hat der gelbe Kuckuck noch einmal gezählt und wieder etwas bezahlt. Da konnte dann endlich der Märchenonkel dem Gericht schreiben, dass dort nur noch über die Kosten entschieden werden muss. Und für einen anderen Mandanten ist dann genau wieder so etwas passiert. 
Die Mandantin hat sich natürlich am Schluss sehr gefreut, aber auch gewundert, warum sie denn von dem gelben Kuckuck so „gef …“ wurde. Ja, liebe Kinder, das ist ein schlimmes Wort! Aber das dürfen nun einmal manche besonders fleißigen Mitarbeiter von solchen Versicherungen (aber bestimmt nicht vom gelben Kuckuck) zur Belohnung in Budapest machen. Und anscheinend verstehen diese ganzen Kuckucke gar nicht, was sie selbst dazu beitragen sollten, um sich nicht weiter lächerlich und ihren sowieso schon angegriffenen Ruf wieder besser zu machen. Viele Menschen wollen nämlich inzwischen schon gar nicht mehr für solche Versicherungen arbeiten. 
Und außerdem sollen sich die ganz großen Köpfe von diesen Versicherungen doch einmal fragen, was es mit einem guten Klima zwischen ihnen und den Rechtsanwälten zu tun hat, wenn sie immer solch dumme Sachen machen. Im Moment versuchen nämlich die Rechtsschutzversicherungen von dem Kuckuck und seinen Freunden, immer mehr von ihren Kunden zu eigenen Rechtsanwälten zu lenken, damit sie dann nicht so viel wie an „ganz echte, wirklich freie“ Rechtsanwälte zahlen müssen. Das ist zwar eigentlich eine ganz andere Geschichte, aber irgendwie hängt es jedoch auch wieder zusammen, weil doch jeder Mensch eigentlich nur anständig behandelt werden möchte, oder? Übrigens könnt ihr dazu auch etwas lesen in zfs 2011, 303, und im RVGreport 2011,442.

Dr. Ingo Friedrich, Rechtsanwalt und Märchenonkel, Babenhausen/Hessen

in: Der Verkehrsanwalt 1/2012, 4,5


DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sensationell, sensationell. HUK, ich habe gesprochen.

Anonym hat gesagt…

Eine begeisternde Geschichte, die treffend aufzeigt, wie mühsam es zum Teil ist, bei Haftpflichtversicherungen nicht auf inkompetente Mitarbeiter zu treffen.

Das ist bei der HUK zwar sehr schlimm, bei anderen aber nicht viel besser.

ra kuemmerle hat gesagt…

Toll, jetzt darf ich meinen Schreibtisch putzen, nachdem ich vor Lachen meinen Kaffee verkleckert habe. :)

 

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