Was macht ein Strafrichter? Er überzeugt sich von dem, was angeblich vor Monaten oder Jahren geschehen ist aufgrund eines Akteneinhaltes und Aussagen von Zeugen, die schon zwei Minuten nach einem Vorfall nicht mehr ganz genau wissen, was tatsächlich geschehen ist.
Die Überzeugung des Richters hat also mit der objektiven Wahrheit, mit dem, was wirklich geschehen ist, nicht mehr viel zu tun. Und dann ist der Richter auch noch überzeugt, dass er für das, was er glaubt, dass es geschehen ist, die angemessene, also aus seiner Sicht gerechte Strafe gefunden hat.
Resümee: Das Urteil eines Strafgerichtes ist das Ergebnis zweier aufeinander aufbauender Überzeugungsprozesse auf der Grundlage der Vermutung, wie etwas vielleicht geschehen sein könnte.
Das muss sich jeder Richter jeden Tag durch den Kopf gehen lassen, wenn er meint, aufgrund der objektiven Wahrheit die objektiv richtige Strafe gefunden zu haben. Wer das nämlich meint, ist gefährlicher Scharlatan!
DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung
1 Kommentar:
Zur "Wahrheit" gab es einen sehr interessanten Vortrag auf dem 24. Chaos Communicaten Congress:
Die Wahrheit und was wirklich passierte
Jede Geschichte hat vier Seiten. Deine Seite, Ihre Seite, die Wahrheit und das, was wirklich passiert ist.
Die Wahrheit ist am Ende das, was Bruce Sterling als "major consensus narrative" beschrieben hat, die Version, die sich im Bewußtsein der Mehrheit festfrißt. Wir werden anhand von Beispielen aus der jüngeren Vergangenheit betrachten, welche Faktoren und Ereignisse beeinflussen, wie diese Mehrheitserinnerung zustande kommt, wie sie beeinflußt werden kann und was wir daraus für unsere Arbeit lernen können.
https://www.youtube.com/watch?v=AyoZm6RiJW8
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