Einem Mandanten wird mit einer Schöffengerichtsanklage eine versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. Bei Akteneinsicht stelle ich fest, dass die Opferzeugin von der Staatsanwältin bei ihrer staatsanwaltlichen Vernehmung erkennbar von einer harmlosen Rangelei in eine versuchte Vergewaltigung hineingequatscht wurde.
Die Zeugin sagte zunächst eindeutig, von irgendwelchen sexuellen Absichten des Täters könne sie nichts berichtigen, bis sie dann auf mehrfaches "Nachfragen" davon berichtete, dass sie den Täter ja gleich wegen versuchter Vergewaltigung anzeigen wollte.
Ich habe jetzt die Staatsanwältin als Zeugin dafür benannt, dass sie zielgerichtet den Vergewaltigungsvorwurf in die Zeugin hineingefragt hat.
Ich bin gespannt, ob das Gericht die Staatsanwältin als Zeugin von sich aus nach § 55 StPO belehren wird oder ob es eines Hinweises der Verteidigung bedarf.
Als kostenfreien Rat sei der Staatsanwältin empfohlen, sich bei ihrer Vernehmung vorsorglich eines Zeugenbeistandes zu bedienen, der dann später möglicherweise auch gleich ihre Pflichtverteidigung übernehmen kann.
5 Kommentare:
Ich verstehe immer nicht, welches Interesse manche Staatsanwälte daran haben, die Aktenberge auf ihren Schreibtischen zu erhöhen. Welches Berufsbild hat man eigentlich, wenn man z.B. Polizeibeamte um Strafanträge wegen Beleidigung bittet? Und welches Berufsbild haben Polizeibeamte, die sich bislang nicht beleidigt fühlten, dem Ansinnen der StA aber sofort entsprechen?
Verteidigen Sie sich denn selbst, wenn die Justiz-Kumpanei Ihnen ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung ans Bein bindet?
@anonym:
kein staatsanwalt "bittet" um strafanträge, weil er angesichts der besagten aktenberge froh sein muss, ein absolutes antragsdelikt ohne antrag vor sich zu haben.
in manchen geeigneten fällen - wo zb bei einem gewalttätigen partnerschaftskonflikt die antragstellung im trubel der geschehehnisse vergessen wurde - wird ein staatsanwalt aber den geschädigten darauf hinweisen bzw. nachfragen, ob noch mit einem strafantrag zu rechnen ist.
ich kann jedenfalls von meiner person sagen, dass ich so in den genannten fällen vorgehe, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen polizistenkollegen oder einen nichtpolizisten handelt.
@laertes
Doch, insbesondere bei Fällen, in denen Polizeibeamte auch nur kleinste Verletzungen erlitten haben oder mit Worten belegt wurden, die möglicherweise als Beleidigung ausgelegt werden könnten, erfolgen nicht selten Nachfragen von Staatsanwälten, ob nicht (bitte, bitte!) ein Strafantrag gestellt wird, damit das Paket noch ein bißchen dicker werden kann.
Erlebt man nicht selten!
na, dann hoffe ich, dass mich die kommenden berufsjahre nicht auch in diese richtung biegen.
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