05 Januar 2007

Amtsanwälte, Mücken und Elefanten

Amtsanwälte vermitteln hin und wieder den Eindruck, dass sie doch so viele Mücken wie möglich zu Elefanten machen wollen. Gestern ein Paradebeispiel vor dem Amtsgericht in Gifhorn.

Der Angeklagte hatte Fotoabzüge bei einen Drogerie-Discounter bestellt und sich auf die Bearbeitungszeiten verlassen, die auf der Webseite angegeben waren. Die Fotos wollte er seiner Freundin zum Geburtstag schenken.

Das klappte nicht, weil die Fotos erst nach dem Geburtstag entwickelt waren. Der Mandant war sauer und nicht bereit, fast 25 € für die zu spät entwickelten Fotos zu zahlen, legte an der Kasse nach Diskussion 15 € auf den Tisch und nahm die Fotos und verschwand.

Eine Amtsanwältin in Hildesheim beantragte einen Strafbefehl über 10 Tagessätze, der zunächst auch erlassen wurde. Auf meinen Einspruch hin nun gestern die Verhandlung. Ich teilte sogleich mit, dass der Angeklagte mit einer Einstellung nach § 153 StPO einverstanden wäre. Der Vorsitzende ließ erkennen, dass er ein solches Ergebnis tragen würde.

Der Referendar der Staatsanwaltschaft ging telefonieren und teilte mit, die Amtsanwältin würde nur einer Einstellung nach § 153 a StPO gegen Zahlung von 200 € zustimmen.

Dieses unangemessene Angebot lehnte ich dankend ab und teilte mit, dann würde ich mir den § 153 StPO in der zweiten Instanz holen. Der Vorsitzende teilte diese Ansicht und ging dann selbst auch noch telefonieren.

Nun endlich kam es zur erwarteten einzig vernünftigen Entscheidung - unter Zurückstellung erheblicher Bedenken, so der Vorsitzende, habe sich die Amtsanwältin von ihm bequatschen lassen.

Man fragt sich, wofür es den § 153 StPO überhaupt gibt, wenn nicht für solche Fälle.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Amtsanwälte sind keine Volljuristen, sondern Rechtspfleger mit qualifizierter) Zusatzausbildung. Ich habe den Eindruck, daß manche Amtsanwälte gegenüber den Volljuristen (Richter, Verteidiger) damit ein (Status-)Problem haben, das sie durch besonders ausgeprägten Jagdtrieb zu kompensieren versuchen.

Anonym hat gesagt…

Einen ausgeprägten Jagdtrieb zu haben, ist für die Berufsgruppe der Amtsanwälte als Lob zu werten: Macht weiter so! Nur so kann der vom Gesetzgeber geforderte Präventivcharakter erreicht werden!
Es gibt immer gute Gründe, nicht jedem "Vorschlag" eines Verteidigers zu folgen...

 

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