Geärgert hat sie mich schon immer, die Ignoranz vieler Staatsanwaltschaften und Gerichte, wenn es darum geht, von einem Angeschuldigten oder Angeklagten zu erwarten, dass er innerhalb einer Woche in der Lage sein soll, einen Verteidiger zu benennen, der seine Pflichtverteidigung übernimmt.
Bei ein wenig Nachdenken müsste leicht zu erkennen sein, dass die Einhaltung einer solch kurzen Frist fast ausgeschlossen ist, denn der Betroffene müsste zunächst einen Termin bei seinem Wunschverteidiger vereinbaren, dieser Termin müsste stattfinden, der Verteidiger müsste sich mit der Übernahme bereit erklären und die entsprechende Bereitschaft müsste dem Gericht mitgeteilt werden.
Dass dafür eine Woche oft zu kurz bemessen ist, drängt sich auf, interessiert in der Justiz aber kaum jemenden. Und das sogar, wenn der Betroffene inhaftiert ist.
Dem hat jetzt das Landgericht Halle jedenfalls in einem konkreten Fall (2 b Qs 252/2009 vom 20.11.2009) einen Riegel vorgeschoben und deutliche Worte gefunden:
Auch dass bereits die vom Gericht gesetzte einwöchige Frist des Paragraphen 142 Abs. 1 S. 2 StPO abgelaufen war, als die Pflichtverteidigerbestellung mit Beschlusses vom 25. September 2009 erfolgte, rechtfertigt nicht die Beiordnung des vom Angeschuldigten nicht benannten Verteidigers.
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Da nach Aktenlage mit einer Laufzeit von einer Woche zwischen einer JVA und dem Amtsgericht zu rechnen ist, war hier die Gewährung einer Frist von einer Woche zum Zwecke einer Äußerung zur Pflichtverteidigerauswahl bei dem inhaftierten Beschuldigten unangemessen verkürzt.
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Dem entsprechend darf eine Frist nicht zu kurz bemessen sein. Soweit hier eine Frist von einer Woche ohne besonderen Grund und ohne ersichtliche Eilbedürftigkeit bei einem inhaftierten Beschuldigten gewährt wurde, kann hier unter Berücksichtigung der Verlegung des Angeschuldigten in die JVA XYZ von einer angemessenen Frist keine Rede mehr sein, da innerhalb dieser Zeitspanne praktisch eine fristgerechte Äußerung kaum möglich gewesen ist. Der Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör erscheint unzumutbar beschnitten. Eine solche Handhabung des Paragraphen 142 Abs. 1 S. 2 StPO reduziert zumindest den Sinngehalt der Vorschrift und macht die Ermessensausübung fehlerhaft.
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Da im vorliegenden Fall auch keinerlei besondere Eilbedürftigkeit für die Beiordnung eines nicht selbst bestimmten Pflichtverteidigers bestand, hätte das Amtsgericht hier noch abwarten müssen beziehungsweise gegebenenfalls die gebotene Anhörung notfalls fernmündlich durchzuführen gehabt.
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