07 Oktober 2009

Ausgewogenes Gleichgewicht oder einseitige Stimmungsmache? Grünes Licht für "informationsinkontinente Unschuldsvermutungshintergeher"?

Die Behördenleiterin der Staatsanwaltschaft Magdeburg hat in einem Interview mit der "Volksstimme" deutlich und kräftig rausgelassen, was bestimmt vielen Staatsanwälten auf der Seele liegt: endlich mal so richtig die Presse einspannen, um den Dreck von der Straße zu bekommen.

Volksstimme : Häufig sind Staatsanwälte bei Prozessen gegenüber fragenden Journalisten – sagen wir es einmal freundlich – nicht besonders auskunftsfreudig. Sie nennen weder ihren Namen noch beantworten sie rechtliche Fragen. Ist das ein Ansatz für Sie, etwas zu ändern ?

Wilkmann : Ja. Ich bin ein großer Freund davon, dass die Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft der Presse Auskünfte erteilen. Ich bin insbesondere daran interessiert, dass auch unsere Sicht der Dinge in Verfahren dargestellt wird. Das hat etwas mit ausgewogenem Gleichgewicht zu tun. Wir sollten nicht den Verteidigern die Plattform für Äußerungen überlassen. 


Als wenn es nicht reicht, dass schon viele Pressesprecher von Staatsanwaltschaften, die einer meiner Mandanten  kürzlich als "informationsinkontinente Unschuldsvermutungshintergeher" bezeichnete, oft schon viel zu früh viel zu viel erzählen, stellt sich Frau Wilkmann offenbar vor, dass die Sitzungsvertreter zukünftig in der ersten Sitzungspause des ersten von geschätzten 50 Verhandlungstagen ganz schnell zur Journaille spurtetn um zeitlich vor den Verteidigern ausspucken zu können:

Ich war schon vor der Anklage eindeutig von der Schuld des Angeklagten überzeugt, nach dem heutigen Vormittag hat sich diese Einschätzung aus Sicht der Staatsanwaltschaft allein schon deshalb zur Gewißheit verfestigt, weil der Angeklagte schweigt.

Oder so ähnlich.

Und dass die Frau Behördenleiterin auch abändern will, dass die Staatsanwälte bisher keine Rechtsfragen beantworten haben, finde ich auch cool, fehlt noch, dass die Beantwortung der Rechtsfragen ohne Vergütung erfolgt, was möglicherweise einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz darstellen könnte.

Aber Frau Behördenleiterin wird schon wissen, was sie will, ganz bestimmt. Und dass das Interview zufällig in einer Zeitung erscheint, die in der Vergangenheit nicht gerade als heftiger Kritiker so machen staatsanwaltlichen fragwürdigen Handelns aufgefallen ist, überrascht auch nicht sonderlich.

Glückwunsch aber der Außenstelle Halberstadt, das macht Hoffnung, auch zukünftig fast nur verlässliche und sachliche Ansprechpartner zu haben.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Daß die Sicht der Staatsanwaltschaft in der Presse zu kurz kommt, kann ich nicht sehen. Zumeist finden in Prozeßberichten der lokalen Tagespresse allein die Sicht der Staatsanwaltschaft und des Gerichts Niederschlag, mit keinem Wort jedoch die Bemühungen und die Sichtweise der Verteidigung und des Beschuldigten.

Kein Wunder: man möchte als Lokalreporter ja auch weiterhin gerne Auskünfte von der Justiz erhalten, während man anscheinend auf Auskünfte der Verteidigung gut verzichten kann. Das könnte ja das gern gepflegte Vorurteil des ohnehin schuldigen Angeklagten beeinträchtigen.

Werner Siebers hat gesagt…

In einer Stadt, die ich hier nicht benenne, warte ich darauf, dass demnächst gleichgeschlechtliche Kopulationen zwischen Volkes Presseknecht und Staates Ankläger auf dem Gerichtsflur stattfinden, so eng, wie die aufeinander abfahren.

Solche die Öffentlichkeit sicher auch interessierenden Peinlichkeiten, wie stammelnd abgelesene Plädoyers von Sitzungsvertretern der Anklagebehörde tauchen in den Berichten absprachegemäß niemals auf.

 

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