21 April 2008

Des Strafrichters größter Feind: Das wahre Wort

Eine Frau, der etwas widerfahren ist, was nie wieder gut zu machen ist:
Die Arzthelferin Monika de Montgazon wurde nach erfolgreicher Revision am 9. April 2008 vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Vier Jahre schwebte das Damoklesschwert des Mordvorwurfs über ihr, 888 Tage saß sie unschuldig in Haft.
Quelle: berlinkriminell.de

Sie sagt etwas, das den Kern des Pudels trifft:

Ich halte es für gefährlich, dass Richter schalten und walten können, wie es ihnen gefällt und praktisch völlige Narrenfreiheit besitzen. Ich erwarte von einem Gericht, dass es neutral und offen für alle Beweise ist. - Ich frage mich außerdem, warum am Landgericht kein durchgängiges Protokoll, meinetwegen auch mit dem Tonband, geführt wird. Wenn ein Richter sich dann nur Notizen macht, die ihm gefallen…
Quelle: wie oben

Genau so ist es. Nur Richter sind es, die sich gegen eine wörtliche Protokollierung standhaft wehren. Warum nur? Um auch zukünftig in die Urteilsgründe nur das aufnehmen zu müssen, das ins eigene Konzept passt?

Kein Richter wird ein auch nur annähernd nachvollziehbares anders Argument finden. Oder? Versucht es doch!

Warum macht sich keiner der fairen Strafrichter, von denen ich genug kenne, dafür stark, dass wörtlich (Tonband, Video oder wie auch immer) protokolliert wird? Wir hätten alle etwas davon und müssten nicht mehr darüber streiten oder rätseln, was der Zeuge Hugo X. vor sieben oder hundertundsieben Verhandlungstagen zu der Frage Y. gesagt hat.

Wär gut, oder?

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Genau so ist es. Nur Richter sind es, die sich gegen eine wörtliche Protokollierung standhaft wehren. Warum nur?
Wie Monika richtig erkannt hat: Richter haben Narrenfreiheit.
Sie sind in dienstlichen Belangen de facto(!) unangreifbar und sie haben einen gottgleichen Status.
Es erfordert einiges an charakterlicher Stärke, ob solcher Privilegien nicht abzuheben und den Realitätsbezug zu verlieren.
Viele Richter sind diesbezüglich ihrer Verantwortung nicht ansatzweise gewachsen.
Überheblicher Standesdünkel und sequentielle Intelligenz (Fachidiotie) tun ein Übriges.

Warum macht sich keiner der fairen Strafrichter, von denen ich genug kenne, dafür stark, dass wörtlich (Tonband, Video oder wie auch immer) protokolliert wird?
Corpsgeist. Wer will sich bei seinen Kollegen schon als Nestbeschmutzer outen?

Anonym hat gesagt…

Tja, wer mag schon, dass Aufzeichnungen existieren, die einem spaeter zum Verhaengniss werden koennen?

Eigentlich Niemand, wir haben ja nichts zu verbergen. Oder?

Anonym hat gesagt…

Weil es aus dem Revisionsverfahren das machen würde, was es gerade nicht sein soll: eine schriftliche Berufungsinstanz.

Gerade nach großen Strafverfahren kämen tausende Protokollrügen nach dem Muster: "der Zeuge Müller hat auf die 44. Nachfrage der Verteidigung aber Folgendes gesagt ... Das hat das Gericht bei der Urteilsfindung nicht ausreichend berücksichtigt."

Damit hätten wir de facto die zweite Tatsacheninstanz.

Das kann man sicher "wollen", nur muss man dafür auch politische Mehrheiten finden. Die sehe ich nicht, erst recht nicht bei dem Streichbemühungen der Politik im Rechtsmittelbereich. Das Ende der Berufugsinstanz für den StrafRi/SchöffenG Bereich ist btw. auch nur noch eine Frage der Zeit.

 

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