28 Mai 2008

3 Freisprüche im Halberstädter Theaterprozeß

Knapp ein Jahr nach dem Überfall ... auf eine Gruppe Theaterschauspieler in Halberstadt sind drei der vier Tatverdächtigen freigesprochen worden. Ein 23-jähriger Angeklagter wurde am Mittwoch vom Amtsgericht Halberstadt zu zwei Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen ohne Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte für den 23-Jährigen eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren und Freisprüche für die restlichen Angeklagten gefordert.

Der Vorsitzende Richter begründete die Entscheidung, nur einen der Angeklagten zu verurteilen, mit dem Mangel an Beweisen. Ein Gericht könne nur so gut sein, wie das die Beweisaufnahme ergebe. «Es gibt jedoch für die drei restlichen Tatverdächtigen belastende Aussagen», betonte Selig. Deshalb sei dies ein «Freispruch zweiter Klasse». Zudem sei deutlich geworden, dass noch Andere an den Schlägereien beteiligt waren.

Gegen den Verurteilten spreche, so Selig, dass dieser als Erster zugeschlagen und die Initiative ergriffen habe. Zudem sei er einschlägig vorbestraft und momentan auf Bewährung. Deshalb sei er als «Bewährungsversager» einzustufen. «Für ihn spricht, dass er Reue gezeigt und sich bei den Opfern entschuldigt hat», fügte er hinzu. Der Verurteilte hatte zu Beginn ein Teilgeständnis abgelegt, die anderen Angeklagten schwiegen zu den Vorwürfen.

Der Verteidiger des 23-Jährigen, Jens Glaser, hatte nach eigenen Aussagen auf einen höheren Bonus für seinen Mandanten gehofft und auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr plädiert.

Die Verteidigung und vier Nebenklage-Vertreter kündigten an, sich die Möglichkeit einer Revision oder Berufung noch offenzuhalten. Die betroffenen Schauspieler traten in dem Prozess als Nebenkläger auf. «Mein Vertrauen in die Justiz ist weg. Es waren mehr als vier Schläger, von denen keiner hier sitzt», sagte eines der Opfer nach der Urteilsverkündung.

Der Vorfall hatte unter anderem bundesweit für Empörung gesorgt, weil ein politischer Hintergrund vermutet worden war. Dies ließ sich in der Verhandlung allerdings nicht aufrecht halten. «Wir konnten keine rechtsradikale Tat feststellen», sagte der Vorsitzende Richter. Es gebe keine Hinweise für solch ein Motiv. Die mutmaßlichen Täter seien nur äußerlich der rechten Szene zuzuordnen.

Für Halberstadts Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) ist das Urteil nach den vorangegangenen Ermittlungspannen nicht überraschend. «Ich hätte mir ein anderes Strafmaß gewünscht», sagte er.

Der Intendant des Nordharzer Städtebundtheaters, André Bücker, äußerte sich im Nachrichtenradio MDR info entäuscht über den Prozessausgang. Er bezweifle, «dass das Gericht mit der nötigen Ernsthaftigkeit sich diesem Komplex genähert hat».

Heike Kleffner von der Opferberatung sieht dagegen noch immer einen politisch motivierten Hintergrund. «Das Urteil hat eine fatale Signalwirkung an die rechtsextreme Szene in Halberstadt», betonte sie. Zudem kritisierte sie die Ermittlungsfehler der Polizei am Tatort. Beamte hatten unter anderem einen mutmaßlichen Täter zunächst laufen gelassen.

Das Verfahren gegen die vier Angehörigen der rechten Szene Halberstadts hatte im Oktober vor dem Amtsgericht Halberstadt, das aus Platzgründen in Magdeburg tagte, begonnen. Den vier 22- bis 28-jährigen Angeklagten wurde vorgeworfen, die Theaterschauspieler am 9. Juni 2007 in Halberstadt angegriffen und fünf von ihnen teilweise schwer verletzt zu haben. Insgesamt gab es 26 Verhandlungstage.

Quelle: dpa

Unglaublich, dass ausgerechnet der Intendant Bücker, der diesen Prozess betreffend schon öffentlich Lügen verbreitet hat, meint, das Gericht kritisieren zu müssen. Erst lügen, dann meckern, ich möchte nicht wissen, wie andere einen solchen Charakter einschätzen.

Und einige Journalisten können es nicht lassen, von einem rechtsextremistischen Überfall zu sprechen, obwohl das Gericht expressis verbis gerade das nicht festgestellt hat.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lieber Werner,

wie beurteilen Sie das Vorgehen des Verteidigers des Verurteilten (sofern Sie sich dazu hier öffentlich äußern wollen)? War das im Prinzip eine gute Idee, die nach hinten losgegangen ist, oder hätte es von vornherein beim Schweigen bleiben müssen? Wie denkt ein Strafverteidiger?

Grüße

AvN

Anonym hat gesagt…

Ein fatales Signal wäre es gewesen, wenn das Gericht verurteilt hätte, ohne von der Schuld der Angeklagten überzeugt zu sein. Wenn die Beweise nicht ausreichen, muss eben frei gesprochen werden. Das ist nicht fatal, sondern zeigt, dass der Richter seine Verantwortung ernst nimmt.

 

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