23 November 2005

Amtsgericht Braunschweig Rekordversuch

Der Angeklagte soll für 59,00 € einen Akkuschrauber bei Hornbach in seinen Rucksack gepackt haben. Ein Detektiv hat ihn erwischt, es wird Anklage erhoben.

Der hochgradig abhängige Mandant ist gerade wieder einmal in einer Therapie. Sein Strafregisterauszug soll demnächst brockhuasähnlich gebunden werden, die durchgestandenen und nicht durchgestandenen Therapien sind jedenfalls an einer Hand nicht mehr abzählbar. Der Angeklagte will auch geständig sein.

Termin heute. Die Richterin, resolut, zuverlässig, fair und einschätzbar (schon immer!), raucht kurz eine im Gerichtssaal, der Angeklagte sitzt noch draußen, und "berät" kurz mit mir als Verteidiger und dem erschienen Oberstaatsanwalt ein Ergenis, mit dem alle leben können. 4 Monate ohne mit 21, dann den 35, ok? Alles nickt.

Im Zuschauerraum zwei gestandene leitende Kriminalbeamte zwischen Grinsen und Staunen.

Die Sache wird aufgerufen. Der Angeklagte setzt sich neben mich. Der Zeuge wird nach Hause geschickt.

Und dann gehts los. Stoppuhr läuft!

"Ich lese mal ihre Personalien vor, alles richtig?"

" Ja."

"Ok. Dass Sie hier keine Bewährung kriegen, ist klar. Der Oberstaatsanwalt wird sechs Monate beantragen, Herr Siebers drei, vier kommen raus, verminderte Schuldfähigkeit schreib ich Ihnen rein, Therapie ist klar. Einverstanden?"

Der Angeklagte nickt.

"Im Namen des ..."

"Haaalt" ruft der Oberstaatsanwalt, darf ich wenigstens die Anklage verlesen.

"Na gut."

Danach:

"Im Namen des Volkes: Vier Monate ohne Bewährung mit 21. Auf Rechtsmittel wird allseits verzichtet. Das wars."

Dauer der Hauptverhandlung: weniger als 2 Minuten.

Nix für StPO-Puristen, aber bei einem verlässlichen Richter und einem mitspielenden Staatsanwalt immer noch besser, als stundenlanger Förmlichkeitenaustausch für dasselbe Ergebnis.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Womit hat der Angeklagte seinen Verteidger bezahlt? Das war doch wohl kein Fall für eine Pflichtverteidigung, oder etwa doch?

dpms
http://sewoma.de/anwalt-dennis-sevriens.htm

Werner Siebers hat gesagt…

ja, es war eine Pflichtverteidigung

Florian Geck hat gesagt…

Mhm, als unerfahrener Student sind meine Kenntnisse in der StPO ja beschränkt, aber ist ein solches Schnellverfahren nicht gefährlich, wenn man ein Urteil will, auf das man sich später auch verlassen kann? Ich meine ansich müsste es doch ein leichtes sein, ein solches Urteil wegen Verfahrensfehlern in der Revision anzugreifen.

Werner Siebers hat gesagt…

Ein solches Urteil bekommt man natürlich nur, wenn man es haben will, weil alle über das Ergebnis einig sind. Nach Verkündung wird sofort Rechtsmittelverzicht erklärt.

Anonym hat gesagt…

.....nach dem rvg kein schlechter stundenlohn, oder ?

Werner Siebers hat gesagt…

klar, hätt ich immer gern

 

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