01 März 2010

Rotzfrech

Und wieder mal so eine Ohrfeige. Der Mandant kommt unmittelbar, nachdem er zum Gerichtstermin geladen wurde. Ich bitte bei meiner Legitimation um Aufhebung des Termins, weil ich im Urlaub bin.

Antwort heute: Der Termin wird nicht aufgehoben, weil kein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt.

Wieder mal eine bestimmte junge Richterin, die nicht verstanden hat, welchen Hintergrund Verteidigung hat., oder, die Verteidigung nur als ein nicht notwendiges Übel sieht, das verzögert, ihre Voreingenommenheit in Ergebnisse=Urteile umzusetzen. Ich hoffe, dass ihr die Entscheidung des für sie zuständigen OLG Braunschweig StV 2004, 366 zu denken gibt, in der es u.a. heißt:

Die amtsgerichtliche Verfahrensweise ist rechtsfehlerhaft, verletzt den Angeklagten in seinem Recht auf wirksame Verteidigung (Art. 6 Abs. 3 c MRK) und verstößt gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens. Denn durch die. Ablehnung der begehrten Terminsverlegung ist dem Angeklagten das Recht genommen worden, sich in der Hauptverhandlung von dem zu diesem Zeitpunkt verhinderten Rechtsanwalt XXX als Anwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen.

Wenn auch Angeklagter und Verteidiger auf eine Verlegung des Termins grundsätzlich keinen Anspruch haben, so muss der Vorsitzende doch bei der Entscheidung über den Verlegungsantrag im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Interessen der Beteiligten und das Gebot der Verfahrensbeschleunigung gegeneinander abwägen (vgl. BGH, NJW 1992, 849; Meyer-Goßner, StPQ, 46. Aufl., § 213 Rdn. 7). Die vom Amtsgericht vorgenommene Abwägung berücksichtigt indes nicht hinreichend, dass sich ein Angeklagter gern. § 137 Abs. 1 S. 1 StPQ in jeder Lage des Verfahrens des Beistands eines Verteidigers bedienen darf und der auch darin zum Ausdruck kommende - im Übrigen als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 26, 66, 71) verfassungsmäßig verbürgte - Anspruch auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren das Recht umfasst, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen (vgl. BGH, NJW 1992, 849; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 137 Rdn. 2 m. zahlr. Nachw. aus der Rechtspr. des BVerfG).

Der die Entscheidung mittragende Hinweis, es läge kein Fall notwendiger Verteidigung vor, ist rechtlich irrelevant, weil das zuvor genannte Recht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 140 StPO unabhängig ist.

DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung



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8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Haben Sie Angst vor Frauen?

Werner Siebers hat gesagt…

Ja.

Anonym hat gesagt…

Mir ist es immer wieder ein Rätsel, wie jemand der offensichtlich nicht die geringste Ahnung vom kleinen 1x1 der StPO hat und die Staatsrechtsvorlesungen anscheinend in der Mensa verbracht hat, Strafrichter werden kann.

Die Krönung ist es jedoch in solchen Fällen, wenn ein Befangenheitsantrag vom zuständigen Kollegen mit der Begründung zurückgewiesen wird, die Entscheidung sei nicht grob rechtsfehlerhaft, schon gar nicht objektiv willkürlich gewesen.

laertes hat gesagt…

@Anonym:

vorlesungen in den disziplinen 'rechtsphilosophie', 'allgemeine staatslehre' und 'rechtsgeschichte' werden - sofern sie an hiesigen jurafakultäten überhaupt angeboten werden - allenfalls als skurille orchideenfächer für freaks betrachtet.

dass aber weder der staat, in dem wir leben, noch der staat als solcher nichts ewig-selbstverständliches ist und die menschheitsgeschichte nicht wenige horrorszenarien hervorgebracht hat, geht vielen jungjuristen anscheinend völlig am arsch vorbei.

wenn solche scheuklappenträger aber nicht nur durchaus, sondern regelmäßig gute bis sehr gute examen hinlegen, spricht das gegen das system und leider dafür, dass auch weiterhin menschenrechtsfernen karriere-affen der weg in die justiz offensteht.

Werner Siebers hat gesagt…

Ach Laertes, Du sprichst mir aus dem Herzen. Gäbe es doch mehr von Deiner Sorte ...

Anonym hat gesagt…

Na und? Wurde der Termin verlegt?
Als Anwalt muss man die Scheu vor jungen Frauen ablegen und mal zum Wohle der Mandanten telefonisch oder per Fax charmant aber bestimmt, die irrige Dame auf den rechtstaatlichen Weg bringen.
StPO ist halt kein Schwerpunktfach im Jurastudium und da kommen solche faux pas halt mal vor.
Ist bei Anwälten auch nicht anders.

Werner Siebers hat gesagt…

Ok, ich hab nun mal eine Scheu vor jungen Frau und bin auch sonst sehr zurückhaltend und schüchtern.

Das ändert aber nichts daran, dass ich nicht erkenne, dass ich auf solche Klatschen mit Charme reagieren müsste.

Wer so herablassend ohne Ahnung abwatscht, gehört zurückgewatscht und nicht mit Charme umschwänzelt.

Anonym hat gesagt…

Gut, schüchterne Anwälte, die sachlich argumentieren sind bei manchen Prozessen auch erfolgreicher, als diejenigen, die sich produzieren.
Da Ihr Mandant (hoffentlich) gutes Geld bezahlt, kann er auch die optimale Strategie, hier einen sachlichen Hinweis auf die Rechtsprechung um noch ein Einlenken des Richters zur terminsverschiebung zu erreichen.
Die Dame wird vielleicht froh sein von Ihnen gelernt zu haben, den Termin verschieben und Ihr Mandant hat einen Bonus. kj

 

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