05 April 2010

Beihilfe zu einer Trunkenheitsfahrt

Aus aktuellem Anlass fragt sich der verantwortungsbewusste Beifahrer zur Zeit, ob er sich selbst strafbar machen könnte, wenn er zu einer alkoholisierten Person ins Fahrzeug steigt und dann mitfährt.

Die Antwort ist, wie so oft: Es kommt darauf an. (Radio Eriwan)

Die Teilnahme (Beihilfe oder Anstiftung) an einer Trunkenheitsfahrt (§15 c oder 316 StGB) ist grundsätzlich straffrei, wenn es sich um eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt handelt, denn sowohl Beihilfe als auch Anstiftung setzen eine vorsätzliche Haupttat voraus.

Handelt es sich aber um eine vorsätzliche Trunkenheitsfahrt, sind sowohl Anstiftung als auch Beihilfe durchaus möglich und nicht unwahrscheinlich.

Die Diskussion:

Fahrer: "Ich weiß nicht, ob ich fahren soll, ich hab ja doch einige Bier getrunken".

Beifahrer: "Macht doch nichts, ich sitze doch daneben und passe schon auf, dass nichts passiert und dass Du über keine rote Ampel fährst, ha, haha, ha."

Fahrer: "Gut, dann fahr ich, ist zwar ein bißchen viel Alkohol gewesen, aber mit Dir als Beifahrer wird schon nichts passieren".

holt den Beifahrer für den Staatsanwalt sicher ins Boot.

Der Polizeibeamte vor Ort hat nicht zu beurteilen, ob es sich um eine vorsätzliche oder um eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt handelt. Das führt dazu, dass er gut daran tut, bei dem Verdacht einer Trunkenheitsfahrt natürlich, wie in der Praxis auch grundsätzlich üblich, die Personalien der Mitfahrer aufzuschreiben, da er sich selbst sonst dem Verdacht der zumindest versuchten Strafvereitelung aussetzen könnte, zumal die Angaben der Mitfahrer möglicherwerweise noch für Zeugenaussagen gebraucht werden, wenn der Fahrer sein gutes Recht in Anspruch nimmt, zu schweigen.

Immerhin kann es im Rahmen der Strafzumessung um Fragen gehen, wie lang die Fahrt gedauert hat, ob der Fahrer sicher oder unsicher gefahren ist, ob er etwas dazu gesagt hat, dass er merkt, dass er betrunken ist, usw.

Wer sich also neben einen Angetrunkenen ins Auto setzt, macht sich möglicherweise nicht nur moralisch mitschuldig, er muss auch damit rechnen, dass jeder Polizeibeamte immer seine Personalien festzustellen hat, wenn es zu einer Überprüfung kommt.

Der Haupttäter muss auch nicht zwingend wegen einer vorsätzlichen Haupttat verurteilt werden. Hat er das Glück, mit einem Strafbefehl wegen einer angeblich nur fahrlässigen Trunkenheitsfahrt davon zu kommen, ist er aber ein wahrheitsliebender Mensch und bestätigt als Zeuge im Verfahren gegen den Beihelfer, dass er vorsätzlich gehandelt hat und dass der Beihelfer das wusste, hat der Beihelfer ein massives Problem.


DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung




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8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

In der Praxis dürfte es wohl daran scheitern, dass man bei § 316 StGB normalerweise die Fahrlässigkeitsvariante nimmt und eine Beihilfe zur Fahrlässigkeit ist schwer möglich...

Werner Siebers hat gesagt…

Wer ist "man", was bedeutet "normalerweise"?

Der Schupo vor Ort weiß nicht, ob "man" später "ausnahmsweise" Vorsatz feststellen kann!

Außerdem bleibt es bei der denkbaren Notwendigkeit, auf die Beifahrer als Zeugen für den Fahrstil, die Fahrtstrecke etc. zurückgreifen zu müssen.

Also muss der Beamte die Personlien der Beifahrer als mögliche Zeugen aufnehmen, sonst gibt es einen Beigeschmack.

Anonym hat gesagt…

Es geschehen noch Zeichen und Wunder: RA Siebers ist tatsächlich in der Lage, sich zu überlegen, welche polizeilichen Maßnahmen für eine sinnvolle Strafverfolgung geboten sind!

Werner Siebers hat gesagt…

Das überlege ich mir immer, ich spreche aber selten darüber.

Tom hat gesagt…

hihi.

Anonym hat gesagt…

der Titel Ihres nachfolgenden threads hätte hervorragend auf diesen thread gepasst

Werner Siebers hat gesagt…

Tja, wie Zufälle (... aus aktuellem Anlass ... zur Zeit ...) so die Welt regieren.

RA Müller hat gesagt…

Zivilrechtlich tritt noch hinzu, daß sich der Beifahrer eines betrunkenen Fahrers bei einem durch den Fahrer verschuldeten Unfall regelmäßig auch noch ein Mitverschulden anrechnen lassen muß. Es besteht also nicht nur ein strafrechtliches Risiko.

 

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