04 August 2010

Glaubhaftigkeitsgutachter auf Kachelmanns Freiheitsfeier?

Natürlich dürfen Glaubhaftigkeitsgutachter ihren Kaffee trinken, wo immer sie wollen. Natürlich dürfen Beschuldigte/Angeschuldigte/Angeklagte den Glaubhaftigkeitsgutachter persönlich kennenlernen, der das Glaubhaftigkeitsgutachten über die Glaubhaftigkeit der Aussagen des belastenden Opfers erstellt.

Nur sind Beschuldigte/Angeschuldigte/Angeklagte und Glaubhaftigkeitsgutachter wirklich gut beraten, wenn man sich ausgerechnet bei der Demonstrationsentlassungsfeier beim "Italiener" trifft?

Oder könnte das an der Glaubwürdigkeit des Glaubhaftigkeitsgutachters leichte Einschläge hinterlassen?  Wenn es denn stimmt. Die BILD-Zeitung jedenfalls schreibt u.a.:

Vor sechs Tagen feierte Jörg Kachelmann (52) beim Edel-Italiener „Teatro“ in Köln seine Freilassung. Es gab Weißwein, die Feier ging bis nachts halb drei ...

Jetzt kommt heraus: An dem Abend war außer einer Richterin auch Gutachter Prof. Dr. Tilman Elliger dabei.

Der Psychologe hatte im April eine gutachterliche Stellungnahme für die Verteidigung erstellt, in der er die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers Sabine W. (37) stark anzweifelt.

Und: Der Gutachter soll auch im Prozess vor dem Landgericht Mannheim aussagen.

WAS WOLLTE ER JETZT AUF KACHELMANNS FREIHEITS-PARTY?

Quelle: BILD


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16 Kommentare:

kj hat gesagt…

Wenn Dummheit strafbar wäre, dann hätte Kachelmann zu Recht gesessen.

Frage an den oder die Experten:
1. Wieso läßt es der Anwalt des Opfers zu, dass seine Mandantin vom Gutachter der Verteidigung befragt wird?
2. Falls sie nicht befragt wurde, welchen Beweiswert haben Glaubwürdigkeitsgutachten nach Aktenlage?
3. Falls Kachelmann freigesprochen wird, bezahlt der Staat diese von der Vertedigung in Auftrag gegebene Gutachten?

Jens hat gesagt…

Muss der Einsatz von verdeckten Ermittlern in Privaträumen nicht vom Richter angeordnet werden?

Anonym hat gesagt…

Zum einen hat Bild doch seine Leserreporter. Und zum anderen scheint die Klage von Kachelmann gegen Bild die Redaktion in ihrer Arbeit geradezu anzuspornen.

Anonym hat gesagt…

Das wird natürlich, wenn es wahr ist, für helle Empörung im Gerichtssaal sorgen. Diese ist jedoch unbegründet. Denn daß die am Verfahren beteiligten Staatsanwälte und Gutachter häufig gemeinsam mit den Richtern in der Gerichtskantine an einem Tisch sitzen und miteinander scherzen, ist, für den Mandanten schwer vermittelbar, leider völlig normal.

Versuchen Sie einmal, einen Befangenheitsantrag darauf zu stützen. Sie werden nur Kopfschütteln von allen Seiten ernten und in einem Gerichtsbeschluß bescheinigt erhalten, daß man natürlich nur über das Wetter und nicht über den Prozeß gesprochen habe und für den Angeklagten kein Anlaß für Argwohn bestehe, wenn die Verfahrensbeteiliten zusammenglucken.

Weshalb sollten für die Verteidigung andere Regeln gelten (wenngleich ich es in beiden Fällen für fragwürdig und ungeschickt halte)?

Saskia hat gesagt…

Do not believe in "Bild"!

kj hat gesagt…

@annonym
man kennt sich beruflich, vielleicht privat, soll man dann sich dann an getrennten Tischen setzen? Es gibt aber keine Parties, weil irgend jemand verdonnert wurde. Verteidiger sitzen auch manchmal mit am Tisch.
Dort wird meist tatsächlich so gut wie gar nicht über den laufenden Fall gesprochen, man will sich nicht festlegen, die HV kann ganz anders laufen.

Manchmal unterhalten sich Sitzungsstaatsanwalt und Richter absichtlich vorab über die nachfolgenden Fälle, zb. ob noch Bewährung gegeben kann oder man ruft sich an, wenn ein rechtliches Problem besteht, damit der StA nicht in der HV damit überrascht wird. Manchmal wollen auch Verteidiger so wissen, was StA oder Richter so denkt.
Der Meinungsabtausch vorab beschleunigt die Sache oftmals, so wenn der Angeklagte weiss, dass nur eine Geldstrafe im Raum steht.
Schliesst natürlich keinen Freispruch aus, wenn sich der Tatvorwurf später nicht beweist.

Thomas R. hat gesagt…

Zitat Bild:
Der Psychologe: „Noch einmal: Es war keine private fröhliche Runde, schon gar nicht eine des Herrn Kachelmann.“

Da saßen also Kachelmann und der Gutachter gemeinsam einen Kaffee lang an der Festtafel von irgendjemandem, an der auch eine Richterin anwesend war.

Wo ist da jetzt der Skandal?

Und bei Hauptgericht-Preisen von 10-23 Euro (Speiselokal, nicht Pizzeria) von einem "Edel-Italiener" zu sprechen, zeigt doch, dass Vorverurteilungen und Verdrehungen im folgenden Bild-Text nicht gerade vermieden worden sein dürften.

Kand.in.Sky hat gesagt…

Könnten wir noch einige Toskana-Bilder haben statt BLÖD und Kachelmann?



#k.

Anonym hat gesagt…

kann man diesen möchtegern kandinsky nicht mal pauschal von den kommentaren ausschliessen? der fackelt hier doch nur störfeuer ab...
sehr nervig.

Werner Siebers hat gesagt…

Ich mag Trolls, sie heitern auf.

Anonym hat gesagt…

Und selbst wenn es so wäre, was ist denn dabei?

Es scheint ja ein von der Verteidigung beauftragter Gutachter gewesen zu sein, warum soll er dann nicht mit dem zu Verteidigenden was trinken gehen?

Muss halt die Anklage nen neuen Gutachter bestellen und das Gericht irgendwann nen neutralen und alles ist wieder gut...

So ein Hysterie aufgrund des Volksverdummungsorgans Nummer 1 ist immer wieder ein Witz!

Helmut Karsten hat gesagt…

Solange J.K. nicht sagt: "I did not have sex with that woman...!"

Bis er DEN Satz loslässt, könnte ich der Unschuldsvermutung stattgeben.

Anonym hat gesagt…

@kj

Sie meinen "Quod licet Iovi, non licet bovi`?

Wenn Richter, Staatsanwälte und Sachverständige zusammenglucken verfügen sie über die hinreichende professionelle Distanz, um sich nicht befangen zu machen, während Verteidiger, Angeklagter und Gutachter das nicht können und schon der Verdacht von Beihilfe zur Strafvereitelung im Raum steht?

Ich bin nicht naiv. Ich weiß, daß Staatsanwälte, Richter und "Hausgutachter" sich auch dann ständig miteinander austauschen, wenn man es nicht sieht. Ich halte es gleichwohl nicht für gut. Und auf einen Angeklagten macht das einen unmöglichen Eindruck.

Heute schickte ein Richter meine Mandantin, die Zuschauer und mich heraus, weil er in Ruhe einen Beschluß fertigen wollte. Der Staatsanwalt durfte bleiben. Ich habe mir diesmal einen Kommentar erspart, um die ohnehin gereizte Stimmung nicht weiter anzuheizen. Überparteiisch sieht für meine Begriffe jedoch anders aus.

kj hat gesagt…

@anonym
nee, sie können auch zusammenglucken. Nur stellt sich die Öffentlichkeit bei Gutachtern neutrale Personen vor, die keine persönliche Bindungen zum Mandanten haben. Finde nicht klug, den Eindruck zu wiederlegen, da Öffentlichkeit im Zweifel schon was bewirken kann.

Der Richter darf im Sitzungssaal nicht den Staatsanwalt bevorzugen,
das geht gar nicht, das stimmt.

Man kennt sich halt, aber auch Anwälte und Richter und Staatsanwälte.

Hausgutachter sind meist die, die
eine Meinung auch gut begründen können und nicht unsicher sind.
Wenn das Ergebnis zugunsten des Angeklagten ausgeht, ist das auch recht.

Wenn man schon bei den Gutachtern ist, da frage mich nur, wie ein Postbote über 50 Gerichtsgutachten erstellen kann, ohne das das weder Richter, Staatsanwalt aber auch Verteidiger gemerkt haben.

Anonym hat gesagt…

@kj

Denn Fall kenne ich gar nicht. Spricht aus meiner Sicht eindeutig für den Postboten... :-) Liegt vielleicht auch daran, daß leider viele Richter so gutachtergläubig sind, daß ihnen zumeist keine einzige kritische Frage zu einem Gutachten einfällt und sie oftmals nur die letzte Seite ("Zusammenfassung und Ergebnis") gelesen zu haben scheinen.

Soweit es beispielsweise um Gefährlichkeitsgutachten nach § 454 Abs. 2 StPO geht, könnte die auch jeder Staatsanwalt, Richter oder Verteidiger im Schlaf schreiben. Die unterscheiden sich inhaltlich kaum. Hier eine dissoziale Entwicklung, dort eine narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung und schon kommt man hinsichtlich der Gefährlichkeit zu einem glasklaren "Weiß ich doch nicht...".

kj hat gesagt…

@annonym
man google nach Postel. Im Nachhinein behaupten die gelernten Gutachter, dass die Gutachten erkennbar schlecht waren.
Naja, wenn das Ergebnis passt, dann akzeptiert Richter oft auch die Widersprüche, so wenn eine verminderte Schuldfähigkeit attestiert wird, als Kompromisslösung sehr beliebt.
Als Anwalt kann man oft die Fakten widerlegen wie man will, dem Gericht reicht dann häufig die herausragende Fachkunde des Gutachters aus. Ich denke da liegt vieles im Argen. Es ist ja auch bequem, die richterliche Verantwortung auf Gutachter abzuwälzen.
Gefährlichkeitsgutachten, kenne ich nicht, das riecht nach Wälzen von Klischees.

 

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