Fein, wenn in letzter Sekunde ein Konzept Früchte trägt und aufgeht.
Der Mandant wollte unbedingt alles "klarstellen", was ihm vorgeworfen wurde; ich habe ihm dringend davon abgeraten, da seine "Klarstellung" möglicherweise die ein oder andere Gefahr in sich trug, quasi die von mir gern so genannte "gefahrenschwangere Einlassungsfalle".
Ich hatte dem Mandanten im Gegenzeug vorgeschlagen, das Gericht mit 63 Beweisanträgen zu bemühen, um dort aufzuzeigen, dass die geplante Verhandlungsdauer von einer Stunde und 15 Minuten eher gegen zehn Verhandlungstage oder mehr tendieren könnte.
Heute finde ich am frühen Morgen das Fax, der Termin sei aufgehoben und es wird nachgefragt, ob einer Einstellung nach § 153 StPO zugestimmt wird, wobei auch die notwendigen Auslagen (meine Kohle) von der Staatskasse getragen werden sollen.
Der Mandant hat schon, geweckt von meinem Anruf, seine zustimmende Begeisterung kundgetan und sich -die Müdigkeit offenbar in Sekunden verdrängend- besonders dafür bedankt, dass ich ihn vom Labern abgehalten habe.
Hoffentlich merkt er sich das für die Zukunft.
Dann habe ich etwas mehr Zeit, dies, das und jenes in aller Ruhe nachzulesen.
DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung
6 Kommentare:
Respekt. 63 Beweisanträge ist schon bewundernswert. Ich habe mal in einer Sache 30 geschafft, fand das persönlich schon gut. Habe zwar Jura studiert, bin aber kein Strafverteidiger, also eher Kreisklasse in diesen Dingen.
Entweder es ist eine Sache, die eingestellt werden kann oder nicht. Dssieht man doch den Akteninhalt vorher an. Das Gericht wäre eigentlich vor Zulassung der Anklage verpflichtet gewesen, den §§ 153 und 153 a StPO zu prüfen und anzubieten. Oder zum Nachermitteln zur StA zurückschicken.
Erst die Anklage zulassen und dann, ohne das der Angeklagte sich neu einläßt, nur weil Arbeit droht, ein defacto Freispruch ohne Hauptverhandlung anzubieten, das geht gar nicht. Schlamperei hoch drei.
"(...) ob einer Einstellung nach § 153 StPO zugestimmt wird, wobei auch die notwendigen Auslagen (meine Kohle) von der Staatskasse getragen werden sollen.
Gibt es hier keinen Gleichbehandlungsgrundsatz? Der eine Beschuldigte muss die Kohle bei Einstellung selbst zahlen, der andere nicht.
So zynisch ich hier auch manchmal kommentiere - das istwirklich beeindruckend. Da war die Feder mal wieder mächtiger als..
Obwohl *grübel*
Machen Sie das tatsächlich noch alles auf Papier? Oder gibt es hier demnächst auch mal ein Foto von Ihrem Comuter? *bg,d&rvf*
@anonym
Schon auf Papier, allerdings mit einem Drucker und weder mit der Feder noch einem Kugelkopf.
Körperliche Akten gibt es bei mir schon lange nicht mehr, aber PC, Netbook, iPad, MacBookAir und Konsorten.
Beweisanträge als eMail oder auf Datenträger werde ich bei den Gerichten noch nicht los (Ausnahmen gibt es schon!).
Herr Siebers,
als juristischer Laie will ich nur so aus beiläufigem Interesse mal ganz blöd fragen:
Im Grunde haben sie doch da ein juristsches
http://de.wikipedia.org/wiki/Denial_of_Service
gemacht.
D.h. Sie haben das Justizsystem gehackt, in diesem Fall?
Das wäre wirklich beeindruckend. Solche Leute müsste man sich merken.
Aber vielleicht verstehe ich da was falsch.
Kantholz und Hacker, das hört sich gut an und trifft es.
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