12 September 2006

Hammerharter Amtsrichter in Sondershausen

Für das wiederholte Klauen von Trauben und Rosinen ist ein 63 Jahre alter Rentner zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden. „Der Dieb der süßen Dinge“ habe bereits seit sechs Jahren in verschiedenen Kaufhäusern im Kyffhäuserkreis lange Finger gemacht und sei mehrfach verurteilt worden, teilte der Amtsrichter Christian Kropp am Montag in Sondershausen mit.

Im Dezember des vergangenen Jahres war er dann in Sondershausen mit zwei Tüten Rosinen im Wert von 3,90 Euro erwischt worden. „Zuviel ist zuviel“, begründete Kropp die drastische Strafe.

Das Urteil ist rechtskräftig. Der reuige Täter konnte den Amtsrichter nicht erweichen. Die Justiz mache sich unglaubwürdig, wenn sie beim Klauen von geringwertigen Sachen die Augen verschließe. Auch solche Diebstähle gingen auf Kosten der Allgemeinheit, weil die Kaufhäuser ihre Preise erhöhten.
Quelle: www.sz-online.de

Wieder mal ein Amtsrichter, der es nicht für nötig erachtet, sich um die obergerichtliche Rechtsprechung zu kümmern. Anders sehen das nämlich z.B. das OLG Stuttgart, das OLG Hamm oder das OLG Braunschweig, das in NSTZ-RR 2002, 75 ausführt:

Der Senat ist auch der Auffassung, dass die vorliegende Freiheitsstrafe von zwei Monaten gegen das Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit verstößt. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG muss die Strafe in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen; sie darf vor allem gegenüber der unter Strafe gestellten Handlung „nicht schlechthin unangemessen“ sein (BVerfGE 50, 205 [215] = NJW 1979, 1039). Der Senat sieht es jedoch als „schlechthin unangemessen“ an, die Entwendung einer Schachtel Zigaretten aus einem Ladengeschäft mit einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten zu ahnden.

Die Idee, so einen Dieb vielleicht untersuchen zu lassen, hat der gute Herr Kropp, der sich mit Obergerichten und dem Bundesverfassungsgericht eher nicht auskennt, wohl nicht gehabt.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Vielleicht hätten Sie der Vollständigkeit halber auch erwähnen können, dass das OLG Braunschweig, NStZ-RR 2002, 75 für den Diebstahl einer (!) Schachtel Zigaretten für einen vielfach vorbestraften Täter zwar eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten für zu hoch, eine solche von einem Monat aber für durchaus angemessen erachtet hat.

S. auch OLG Hamm Beschl. v. 18. 11. 2002 – 2 Ss 768/02: "Diebstähle geringwertiger Sachen brauchen auch nicht leicht zu wiegen, was dann der Fall sein kann, wenn der Täter ohne Not oder sonstige noch verständliche Beweggründe um geringfügiger Vorteile willen einen Einbruch begeht oder die Hilflosigkeit eines unbemittelten Opfers ausnutzt (vgl. BVerfG, a.a.O.). Entsprechendes kann auch dann gelten, wenn sich z.B. ein Täter bei häufigen Beutezügen in Ladengeschäften im Einzelfall der Wertgrenze für die Annahme eines geringen Schadens zwar annähert, aber sie regelmäßig nicht überschreitet und schon bei Tatbegehung dadurch dreist auf die Verhängung bloßer Geldstrafen spekuliert. Es kann daher auch nicht ein genereller Ausschluss der Verhängung von Freiheitsstrafe zugunsten einer Geldstrafe bei Ladendiebstählen angenommen werden. Hartnäckiges rechtsmissbräuchliches und gemeinschädliches Verhalten kann auch bei einer Häufung von Diebstählen geringwertiger Sachen vorliegen."

Ebenso das OLG Stuttgart NJW 2002, 3188.

Ob der Amtsrichter all das gewusst hat? Ob der Blogger das gewusst hat?

Werner Siebers hat gesagt…

Der Blogger wusste es und bleibt bei seiner Meinung.

Anonym hat gesagt…

Der Blogger ist ein Blender und fällt langsam juristisch auf Stammtischniveau ab. Wann schreitet die Kammer ein?

Werner Siebers hat gesagt…

@advokat
Okay, ich bin ein Blender. Sie erkennen es. Ich bekenne mich dazu. Ich hatte schon immer die Befürchtung, als solcher entlarvt zu werden. Jetzt ist es geschehen. Ich habe dankenden und größten Respekt vot Ihnen.Sie sind der Allwissende, Sie sind mein Gott. Oh Gott.

Anonym hat gesagt…

:-) eher durch die Ortsbezeichnung auf diesen Artikel in jurablogs.com aufmerksamen geworden, konnte ich mir dann auch noch ein Glanzstück anwaltlicher Argumentationsakrobatik gönnen. Mein Dank geht an die Akteure.

 

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