Ein feines Beispiel ist die mannigfache Kommentierung zu § 306 II StPO. Die großen und/oder bekannten Kommentare kommentieren sich selbst und gegenseitig quasi im Kreis, ohne dass bisher offenbar irgendein höheres Gericht diesem Unsinn ein Ende bereitet hat.
Der Wortlaut: Andernfalls (wenn einer Beschwerde nicht abgeholfen wird) ist die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen, dem Beschwerdegericht vorzulegen.
Da ist nichts mit soll, könnte, müsste oder dürfte, es heißt: ist vorzulegen.
Da ist auch nichts mit Vorlage vorzubereiten, Vorlage einzuleiten oder Vorlage zu veranlassen; nein: ist vorzulegen!
Nimmt man dann noch zur Kenntnis, was die höhere bis höchste Rechtsprechung zu der Frage der Auslegung sagt, nämlich: Jede Auslegung fängt beim Wort an (BGH St 3, 262; 14, 118; 18, 152; 19, 307). Ist der Wortlaut eindeutig und führt er zu einer sinnvollen Anwendung des Gesetzes, so sind der Auslegung in einem anderen Sinne unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung Grenzen gesetzt (BVerfGE 8, 28, 33), kann man sich eigentlich sicher sein, was mit § 306 II StPO gewollt war: nach der Beschwerde muss die Sache spätestens am dritten Tag beim Beschwerdegericht vorliegen!
Und was machen die Kommentare daraus (und zitieren sich im Kreise mehr oder weniger ohne jeden sachlichen Hintergrund gegenseitig)?:
In die eigene Tasche gelogen, den Wortlaut unlauter verdreht, der Rechtsbeugung auf der Spur. Mehr kann einem zu einer solchen Wortlautsquetsche eigentlich nicht mehr einfallen.Die Frist ist nicht zwingend vorgeschrieben, es handelt sich um eine Sollvorschrift. Die Frist betrifft die Anordnung der Vorlage und nicht den Zeitpunkt, bis zu dem die Beschwerde bei dem Beschwerdegericht eingehen soll (statt vieler bis aller: Löwe-Rosenberg 25. Auflage § 306 Rdn. 23).
2 Kommentare:
Ein richtiger Selbstläufer. Das kommt davon, wenn man immer nur die Kommentare liest, und nie die Gesetze selber.
Jaja, "Rechtsbeugung" wo man nur hinschaut - jetzt schon durch Kommentar-Autoren!
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