14 Oktober 2008

Peinliches und ärgerliches Vernachlässigen

Kein Zweifel besteht daran, dass zumindest den Berufsrichtern einer Strafkammer eines Landgerichts bekannt sein müsste, dass im Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke eine tragende Rolle spielt. Um so peinlicher und ärgerlicher, wenn dieser Umstand immer wieder ignoriert wird und der BGH insoweit korrigierend eingreifen muss, wie in einem aktuellen Fall, der beim Landgericht Leipzig verhandelt wurde:
Die Bejahung der Voraussetzungen des § 3 JGG bei dem zu den Tatzeiten erst 15-jährigen Angeklagten und die Verhängung einer Jugendstrafe durch das Landgericht wegen der Schwere der Schuld – bereits mit Blick auf die Menge des gehandelten Heroins und der Stellung des Angeklagten in der Bande – sind nicht zu beanstanden. Jedoch lassen die Erwägungen der Jugendkammer zur Bemessung der konkreten Höhe des Freiheitsentzugs nicht erkennen, dass nicht nur Gründe des Schuldausgleichs und der gerechten Sühne berücksichtigt, sondern diese auch mit dem das Strafmaß entscheidend mitbestimmenden Erziehungsgedanken (§ 18 Abs. 2 JGG) abgewogen worden sind (vgl. dazu BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8, 9; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 – 5 StR 486/97; BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2005 – 4 StR 379/05; vgl. zur Höhe der Jugendstrafe BGHR JGG § 18 Abs. 2 Strafzwecke 4, 5; Eisenberg, JGG 12. Aufl. § 18 Rdn. 8 f.). Ausführungen hierzu waren bereits angesichts der bisherigen Unbestraftheit, des Geständnisses und des Alters des erst seit 2007 in Deutschland aufhältlichen Angeklagten unerlässlich.
5 StR 411/08 vom 17.09.2008

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