25 März 2012

Wie dumm ist das denn


Demnächst wird sich ein Oberlandesgericht mit einem dummen Problem auseinandersetzen müssen.

Ein Lehrer regt sich furchtbar über eine noch nicht strafmündige Schülerin (13) auf, weil die Schülerin den Lehrer beschimpft und sich nicht dafür entschuldigt hat. Der Lehrer kündigt an, dass er deshalb die Schülerin -obwohl er weiß, dass die Schülerin nicht strafmündig ist- anzeigen wird.

Die Mutter der Schülerin erfährt von dieser Absicht des Lehrers, regt sich ihrerseits furchtbar auf, hält eine solche Anzeige für eine Dummheit, und lässt sich dazu hinreißen, den Lehrer nunmehr einem anderen Lehrer gegenüber, der vermitteln wollte, als "dumme Person" zu bezeichnen.

Dass es dumm und unpädagogisch sein dürfte, einen nicht Strafmündigen anzuzeigen, darf man wohl annehmen. Ob es dann eine Beleidigung ist, einen Lehrer, der das ankündigt, in dieser Situation als "dumme Person" zu bezeichnen, wird nun zu klären sein.

Im Studium dachte ich immer, dass solche Fälle frei erfunden sind, aber die Geschichten, die das Leben schreibt, können kaum besser erfunden werden.




DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung

21 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Und schon wieder ein Lehrer. Die Juristen unter uns wird es nicht wundern, da sind Lehrer ohnhehin eine der "beliebtesten" Gruppen :-)

Mir hat das ein Richter erstmals im Referendariat anlässlich folgenden schönen Falles vermittelt, der sich am Ende der Verhandlung wie folgt zugetragen haben soll.

Ein noch junger Studienrat (mitte 30) ging mit seiner Familie (Frau, erstes Kind und Baby im Kinderwagen) in Fulda über einen Zebrastreifen als aus dem offenen Fenster des an dem Zebrastreifen anhaltenden Fahrzeugs eine Coladose flog. Das war offenbar zuviel für den Studienrat und der Coladosenwurf weckte dessen "pädagogische" Ader. Jedenfalls nahm er die Coladose, ging damit zum PKW, aus dessen Fenster die Dose geflogen war, belehrte den Fahrer, dass dies so nicht gehe und (Achtung) warf die Coladose zurück in den PKW. Wie sich herausstellte, war die Coladose leider nicht ganz leer und sorgte im Fahrzeug daher für ungemach und besonderes großen Ärger. Der jugendliche (halbstarke) Fahranfänger war daraufhin erbost und ließ es sich nicht nehmen, dem Studienrat auf seine (handgreifliche) Art zu vermitteln, dass das zurückwerfen der Coladose wiederum nicht gehe und der Studienrat bekam eine aufs Maul. So kam die Sache dann vor Gericht.

Dort verhielt sich der Studienrat dermaßen unsympathisch und Oberlehrerhaft auch dem Gericht gegenüber, dass man dem Studienrat den Schlag beinahe gegönnt hat. Für den jugendlichen Schläger hatten wir ob des Coladosenrückwurfs ohnehin zu Beginn schon gewisses Verständnis.

Um eine Verurteilung kam das Gericht aber dennoch nicht herum, da sich der Schlag natürlich nicht rechtfertigen ließ.

Dass er selbst etwas falsch gemacht haben könnte, sah der Studienrat übrigens die ganze Verhandlung über nicht ein.

Gerd hat gesagt…

Eine Äußerung kann schon nicht als Beleidigung strafbar sein, wenn sie nachweislich wahr ist. Daß ein Lehrer, der nicht weiß, daß ein 13-Jähriger strafunmündig ist, "dumm" im Sinne der Definition des Dudens ist, steht fest. Denn diese juristische Kenntnis gehört auch zur Grundausbildung eines jeden Lehrers.

Werner Siebers hat gesagt…

@Gerd
Das Problem hier ist, dass gerade nicht gesagt wurde, dass die Anzeige eines nicht Strafmündigen "dumm" ist, sondern, dass der Lehrer eine "dumme Person" ist - da liegt der Hase im Pfeffer bzw. der Lehrer im Klassenzimmer.

HD hat gesagt…

"Die Anzeige einer Strafunmündigen ist dumm und unpädagogisch." Soso. Beleg? Begründung?
Zum Rechtlichen: Anzeigendürfen ist Bürgerrecht. Jeder darf alles Mögliche anzeigen. Es darf nur niemand zu Unrecht belastet werden. Ferner wird eine Beleidigung nicht schon dadurch nicht rechtswidrig, dass der Handelnde ohne Schuld gehandelt hat.

Werner Siebers hat gesagt…

@HD
Die extensive Ausnutzung von Bürgerrechten muss nicht zwingend pädagogisch sein.

Philipp hat gesagt…

Genial, das Thema hatten wir doch eben bereits bei den Kommentaren zum Thema Kiffen. Juristen, die sich mit Pädagogik beschäftigen..., dazu fällt mir ein modus vivendi ein, den den Blogverfasser an anderer Stelle dieses Blogs als das sogenannte "Schuster-Leisten-Prinzip" . Selbiges gilt für Polizisten? offenbar (+), Lehrer? ebenso (+), spannende Frage, für Rechtsanwälte auch? offenbar tendenziell (-)

Philipp hat gesagt…

oh pardon, da fehlt ein "bezeichnet hat"

Werner Siebers hat gesagt…

@hd Das Bürgerrecht zum Anzeigendürfen muss erst noch erfunden werden. So etwas zu behaupten, dass es das gibt, ist -zum Thema passend- dumm. Die Vergeudung der Ressourcen der Polizei, also die Einschränkung derer Möglichkeiten, Hilfe zu leisten, wo es wirklich notwendig ist, ist kein Bürgerrecht, sondern im wahren Wortsinn asozial, also gemeinschaftsschädigend.

Herr Kampe hat gesagt…

Jetzt kommen wir aber in den Bereich der persönlichen Wertung, denn dass es ein Bürgerrecht ist, damit hat er nunmal recht. Bin gerade etwas von Ihrer unvertieften Argumentation überrascht, Herr Siebers.

Tatjana hat gesagt…

Solche pädagogischen Tiefflieger, die mit massiven Drohgebärden gegenüber den Schülern Diziplin erzeugen wollen und sich dann wundern, dass es nicht funktioniert, werden meiner Erfahrung nach auch gerne von den Landeskirchen als sogenannte "Religionslehrer" gestellt.

Dort wird man mit einem Pädagogik-Crashkurs zum scheinbar vollwertigen Oberlehrer.

Anonym hat gesagt…

Hatte der 'nen Jogi-Löw-Schal um?

Werner Siebers hat gesagt…

@Kampe

Auch Sie sollten sich vielleicht einmal informieren, was Bürgerrechte tatsächlich sind. Das Erstatten erkennbar sinnloser Anzeigen GANZ SICHER nicht.

Anonym hat gesagt…

Wie kommt soetwas denn bitte zum OLG? Ich dachte nach AG/LG wäre soetwas schon "abgehandelt".

(Was für eine Ressourcenverschwendung)

Werner Siebers hat gesagt…

1. das war schon immer so, bei den "wichtigen" Sachen, die beim Landgericht anfangen, gibt es nur eine weitere Instanz, die Revision zum BGH, bei den "unwichtigen" Sachen, die beim Amtsgericht anfangen, gibt es die Berufung zum Landgericht und danach die Revision zum Oberlandesgericht

2. dann gibt es noch die Möglichkeit der Sprungrevision, das bedeutet, dass gegen ein Urteil des Amtsgerichtes direkt die Revision durchgeführt wird.

So ist es in dieser Sache. Sprungrevisionen macht man in der Regel nur, wenn man sehr sicher sein kann, sie auch durchzubekommen.

Anonym hat gesagt…

in meinen augen hat der betreffende lehrer weder pädagogisches geschick, noch hat er pädägogisch gehandelt. er hat einfach nur gequirlte scheisse von sich gegeben.

HD hat gesagt…

Mit dem Anzeigenerstattendürfen ist es wie mit der Meinungsäußerungsfreiheit - man kann bei mancher Meinung zweifeln, ob sie es denn wert war, überhaupt geäußert zu werden. Nichtsdestotrotz hat man das Recht, sie zum Besten zu geben. So darf man auch "sinnlose" Anzeigen erstatten. Ist keine Erfindung von mir - ergibt sich zum Beispiel aus Art. 17 GG.

Andere Baustelle: ein Erziehungsziel: "Beleidige ruhig so viel du willst - macht nichts!" scheint mir nicht richtig. Ob das vor Augenführen von Konsequenzen wirklich so schlecht ist, scheint mir durchaus diskussionswürdig.

Anonym hat gesagt…

Der Lehrer handelt hier nicht (nur) in Ausübung echter oder vermeintlicher Bürgerrechte, sondern auch als Beschäftigter des öffentlichen Dienstes. Als solchem sollte er sich zurückhalten mit der Einleitung offensichtlich fruchtloser Strafverfahren.

kj hat gesagt…

War das eine Privatklage? Für eine öffentlichen Klage würde ich schon ein fehlendes öffentliches Interesse annehmen, es handelt sich um eine spontane in Erregung getroffene Äußerung ohne Aussenwirkung und die generell nicht geeignet ist, eine schwere Kränkung hervorzurufen

Werner Siebers hat gesagt…

@kj Keine Privatklage, aus meiner Sicht nicht einmal ein wirksamer und rechtzeitiger Strafantrag, aber leider gehen viele Staatsanwaltschaften mit der Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses mehr als verantwortungslos um (Vielleicht, weil eine Anklage in der Statistik mehr bringt als eine Einstellung?).

kj hat gesagt…

weiss nicht ob das mehr Punkte für den Staatsanwalt gibt.

Rechtlich halte ich den Fall für nicht so einfach, da sich dumm hier auf das Verhalten bezog, das nun auch nicht pädagogische Klugheit zeigt, als guter Lehrer muss man gelassener mit Kids und Kritik umgehen können.
Zum anderen war die Mutti in der Situation ihr Kind vor Strafverfolgung bewahren zu müssen, da spielt die Wahrnehmung berechtigter Interessen eine Rolle.

Zum anderen wird durch die Strafverfolgung die "Dummheit" des Lehrers thematisiert, was die Sache für das Opfer auch nicht bessert.
Auch Gericht und Staatsanwalt geraten unter Verdacht wie der Lehrer zu sein.

Lieber kurzer Verweis auf Privatklage und Zeit für Biergarten nutzen,anstatt fragwürdige Fleisskärtchen sammeln

Anonym hat gesagt…

1, 2, polizei

das wird die statistik durch die decke schiessen, ein tatverdächtiges kind mehr.....und bei schlechter prognose folgt dann vielleicht noch die ed- behandlung eines kindes nach stpo....

oO, denk' ich an deutschland in der nacht... 8-D

 

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