Einseitig und höchst subjektiv stelle ich im Halberstädter Theaterprozess für mich fest, dass ich in beinahe 25 Jahren Tätigkeit noch nie erlebt habe, wie einige Nebenklagevertreter aus meiner Sicht Nebenklagerechte für verfahrensfremde Zwecke missbrauchen, pseudopolitische Komponenten herbeireden, peinliche Befragungstechniken anwenden und höchst suggestiv bei Zeugenbefragungen vorgehen, wobei die meisten Fragen - aus meiner Sicht - mit der Klärung der Anklagevorwürfe nichts zu tun hatten.
Dass sich eine der Nebenklagevertreterinnen dann auch noch in ihrem Plädoyer darauf beschränkt, eine Erklärung ihres nicht erschienenen Mandanten, der sich genau an diesem Tag um eine neue Wohnung kümmern muss (???), verliest und bis auf rudimentäre Ausführungen darauf verzichtet, eigene Ausführungen zu machen, zeigt, dass zu der Funktion einer Nebenklagevertretung durchaus unterschiedliche Auffassung vorherrschen können.
4 Kommentare:
peinliche Befragungstechniken anwenden und höchst suggestiv bei Zeugenbefragungen vorgehen
Eine nach meiner Erfahrung nicht ganz unübliche Vorgehensweise der Anwaltschaft beim "Zeugengrillen".
Wer das als Zeuge nicht merkt und sich ins Boxhorn jagen lässt, steht am Ende als unglaubwürdiger Schwätzer da und muss sich am Ende noch gegen den Vorwurf der Falschaussage wehren.
Ich war mal Zeuge in einer Verkehrsunfallsache, da wollte mich der Anwalt mit Suggestiv- und Fangfragen aufs Glatteis führen. Auf meine Frage, ob er mir unterstellt dass ich lüge, antwortete er mit ja.
Daraufhin erstattete ich auf dem Zeugenstuhl Anzeige gegen ihn wegen falscher Verdächtigung.
5 Minuten später entschuldigte sich der Anwalt und zog seine Behauptung zurück.
Warum darf der Verteidiger nicht so offen sein, und dem Zeugen seine subjektive Meinung kundtun, dass er davon ausgeht, dass der Zeuge lügt?
Warum darf der Verteidiger nicht so offen sein, und dem Zeugen seine subjektive Meinung kundtun
Darauf hat er sich dann auch zurückziehen wollen. Er hat es aber als Tatsache behauptet, das ich lüge und mir somit eine Straftat (§ 153 StGB) unterstellt.
Der Richter, der wohl seinen Feierabend in Gefahr sah, regte an, ich möge meine Anzeige- und der Herr Anwalt seine Anschuldigung zurückziehen und sich entschuldigen. Gesagt, getan.
Das könnte vielleicht unter Umständen und ganz ausnahmsweise mal den Tatbestand irgend einer Norm des StGB erfüllen. Ganz sicher ist die Behauptung eines Verteidigers: "Zeuge, Du lügst!" gerechtfertigt durch § 193 StGB. Ich verweise hier beispielhaft nur auf OLG Oldenburg (Ss 131/08 (I 70)) (http://tinyurl.com/3nu9z5). Juristisches Halbwissen ist gefährlicher als Nichtwissen.
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