Die Mandanten fürchteten schon Böses. Sie waren beim Amtsgericht Peine angeklagt wegen gewerbsmäßigen Diebstahls von Zigaretten in einem Supermarkt. Sie waren einschlägig vorbestraft und standen unter Bewährung. Beste Voraussetzungen für ein Desaster.
Aber schon das Aktenstudium ließ aufhorchen. Da hatten Polizeibeamte zwei Zeugen Fotos vorgelegt, und zwar ausschließlich Fotos der Angeklagten, auf eine Wahllichtbildvorlage hatten die Polizeibeamten großzügig verzichtet. Je ein Zeuge hatte je einen Angeklagten eindeutig wiedererkannt.
In der Hauptverhandlung bekundeten beide Zeugen, heute niemanden mehr zu erkennen, damals seinen sie aber sicher gewesen. Auf Nachfragen stellte sich dann heraus, dass der eine Zeuge die von ihm erkannte Person in einer Entfernung von 40 - 50 Metern gesehen hatte und der andere die von ihm erkannte Person als eine von vielen zu dem Zeitpunkt völlig unverdächtigen Passanten auf einem Supermarktparkplatz.
Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte Freispruch, ich schloss mich diesem Antrag an mit dem Bemerken, dass die Angeklagten, wenn sie es denn doch waren, den Polizeibeamten für ihre grottenschlechte Arbeit bei der Bildvorlage danken müssten. Auch der mitverteidigende Kollege Olaf Johannes beantragte Freispruch, der hatte für seinen Mandanten sogar noch eine Alibizeugin.
Das letzte Wort hallte noch im Raum, da erhob sich bereits der Richter und verkündete das freisprechende Urteil. Oft funktioniert der Rechtsstaat noch.
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1 Kommentar:
Kann man den Staatsanwalt vielleicht dafür belangen, dass er bei derart unsicherer Beweislage allen Beteiligten ueberhaupt eine Anklage zugemutet hat ?
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