07 April 2006

Vollmachtvorlage im Loch Ness

Es darf ja nun wohl jedenfalls ungestraft keinen Strafjuristen mehr geben, der nicht weiß, dass die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht durch den Verteidiger nicht verlangt werden kann, sondern, dass im Gegenteil die Vorlage ein anwaltlicher Kunstfehler ist, der konkret schädlich sein kann.

Da sitze ich nun heute in einem Amtsgericht, weil der Haftbefehl verkündet werden soll. Die Kripo hatte mich auf Bitten des Mandanten angerufen, weil er von mir verteidigt werden will. Ich habe vorher kurz mit dem Haftrichter gesprochen, der zunächst meint, er müsse mir Akteneinsicht nur in einer Haftprüfung, nicht aber bei Verkündung des Haftbefehls gewähren. Falsch, denn BVerG StV 1994, 465 - 467 bezieht sich ausdrücklich auf alle gerichtlichen Haftentscheidungen, also auch auf die Verkündung des Haftbefehls. Beim heutigen Fall müßig, das zu diskutieren.

Dann aber doch tatsächlich, obwohl mein Mandant neben mir sitzt und erkennbar mich zu seinem Verteidiger gewählt hat, die Frage, ob ich denn schon meine schriftliche Vollmacht zur Akte gereicht habe.

Dieser fehlgeleite Irrglaube an die Pflicht zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ist so ein wenig wie das Ungeheuer von Loch Ness, er taucht nur viel öfter auf.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Eine Frage an den Praktiker: Wie reagiert man in einem solchen Fall, besonders als Berufsanfänger? Eine kurze Behauptung, dass die Vollmacht nicht erforderlich ist? Oder wird ein durch Erfahrung bereits verinnerlichter Kurzvortrag gehalten? Und wie reagiert die Gegenseite?
Referendar

Werner Siebers hat gesagt…

Den Meyer-Goßner haben die alle. Sogar im Gericht. Höfliche Bitte an den Gegenüber, kurz mal im selbigen unter: vor § 137 Rd. 9 nachzulesen. Aha wird er sagen, stimmt! Vielleicht noch der Hinweis, zu Hause beim Feierabendbier mal unter "Vollmachtvorlage" zu googeln.

 

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