Zwischen dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe und der Verhaftung des Bäckers lagen nur wenige Stunden. Gegen Mittag hob der BGH den Freispruch des Mannes auf, der im Oktober 2004 die Sparkasse des Dorfes Siegelsbach bei Heilbronn überfallen haben soll.
Am Nachmittag verhaften Beamte der Heilbronner Kriminalpolizei den ehemaligen Dorfbäcker Alfred B. in seinem Haus.
Der brutale Überfall hatte weit über die Grenzen Baden-Württembergs für Aufsehen gesorgt. Am 7. Oktober 2004 war ein unmaskierter Täter in die Sparkasse des 1600-Seelen-Dorfes Siegelsbach gestürmt. Er ließ sich zunächst vom Bankangestellten Torsten M. 33 514 Euro in eine Tüte packen. Dann zog er dem 29-Jährigen den Kolben seiner Pistole über den Schädel. In diesem Moment betrat das Ehepaar Carle die Bank. Ohne zu zögern tötete der flüchtende Mann Gisela Carle durch zwei Schüsse ins Gesicht. Ihr Ehemann Hermann, 66, sackte, von zwei Genickschüssen getroffen, zusammen. Er überlebte und sagte Polizeibeamten auf der Intensivstation: „Der Bäcker war’s.“
Das Landgericht sah in den Indizien jedoch „null Beweiswert“. Entscheidend war ein eklatanter Widerspruch in den Aussagen: Ein Zeuge sah den Bäcker in seinem Wagen am Ortsausgang, als in der Bank gerade die Schüsse fielen. Alfred B. könne es somit nicht gewesen sein: „Die Unschuld des Angeklagten steht fest. Die wahren Täter laufen noch frei herum.“
Die Bewohner des kleinen Ortes waren entsetzt. Für sie stand bereits vor dem Richterspruch fest, dass der Bäcker B. der Täter war.
Nach der Aufhebung des Urteils wird der Prozess neu aufgerollt. Das BGH wies den Fall an das Landgericht Stuttgart zurück. Der Bäcker, der seit dem Freispruch bei seiner Familie in der Siegelsbacher Hauptstraße wohnte, wurde noch am Nachmittag von der Kripo Heilbronn verhaftet und in Untersuchungshaft gebracht.
Merkwürdig ist allerdings die Begründung im Haftbefehl. Alfred B. wurde nicht wegen des bevorstehenden Mordprozesses und der damit verbundenen Fluchtgefahr verhaftet. Er wurde verhaftet, weil er im Jahre 2003 „werthaltige Gegenstände“ aus dem Bundeswehrdepot in Siegelsbach gestohlen haben soll, darunter einen MAN-Generator, Kühlaggregate, Schaltschränke und Steckdosen im Gesamtwert von mehr als 10 000 Euro.
Mal wieder ein Haftbefehlsgemauschele, das aufzeigt, wie marode dieser Bereich der Strafjustiz ist.
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