Ein bayrisches Amtsgericht stellt den Strafbefehl an mich zu, obwohl ich keine schriftliche Vollmacht zur Akte gereicht habe. Der Mandant erhält ausdrücklich nur eine informatorische Abschrift.
Dann schauen wir mal, was man im Süden damit anfangen kann ... zumindest wird es dem Mandanten viel Zeit bringen, und das ist alles, was er braucht.
Wieder ein Beispiel dafür, dass das Überreichen einer schriftlichen Vollmacht ein schwerer Kunstfehler von Verteidigern ist.
10 Kommentare:
Ich habe einen Vorschlag:
Sie sehen nochmal in Ihrem Vollmachtsformular nach, ob da außer der Bevollmächtigung als Verteidiger etwa auch eine Zustellungsvollmacht drin ist (wie zB bei Ihrem Vollmachtsmitstreiter Hoenig).
Und dann lesen Sie mal ein bisschen, z.B. BGH NStZ 1997, 293; BayObLG NJW 2004, 1263; OLG Hamm NZV 2005, 386; OLG Rostock NStZ-RR 2003, 337; ganz ausführlich Schnarr, NStZ 1997, 15ff.
Da werden Sie dann finden, dass so eine rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht nach einhelliger Auffassung der Obergerichte etwas ganz anderes ist als die nach §§ 145a StPO, 51 III OWiG nur nach Einreichung zu den Akten beachtliche Verteidigervollmacht, und diese besondere Zustellungsvollmacht sehr wohl auch ohne vorherige Einreichung zu den Akten zu einer wirksamen Zustellung führen kann.
Und wenn Sie dann immer noch Lust haben, darauf zu spekulieren, dass sich nochmal ein Amtsrichter durch Ihre Textbausteine ins Bockshorn jagen lässt, dann sollten Sie wie geplant die Einspruchsfrist verstreichen lassen und im Interesse Ihres Mandanten beten, dass es gut geht.
und wenn ich eine Vollmacht habe, die mir ausdrücklich verbietet, Zustellungen für den Mandanten in Empfang zu nehmen, wird sich manch herablassender Ton verändern und man darüber nachdenken, ob der andere doch immer noch ein wenig belesener ist, als man selbst.
Guten Abend
Na herzlichen Glückwunsch: Wenn's denn stimmen sollte - gesehen habe ich so ein wunderliches Vollmachtsformular ja noch nicht -, sind Sie schon einige wesentliche Schritte weiter als Ihr Kumpel Hoenig oder auch der selbsternannte Vollmachts-Blogwart Melchior aus Wismar. Unterhalten Sie sich denn nie über sowas??
Schön, mal so einen diskussionsfreudigen RiAG in der Kommentarrunde zu haben, der sicher die Frage beantworten kann, warum Textbausteine bei Verteidigern Teufelswerk und bei Richtern das Normalste von der Welt sind?
Ein Blick in die Zukunft:
Die Propaganda von RA Siebers trägt Früchte. Irgendein Anwaltshandbuch meint nun auch, dass die Übersendung einer schriftlichen Vollmacht zur Gerichtsakte ein schwerer (!) Kunstfehler ist. Manche Verteidiger schicken nun gar keine mehr, andere überreichen Vollmachtsurkunden, auf denen (unter Punkt 17 bei Unterpunkt 4 gleich hinter der Geldempfangsvollmacht in Kindschaftssachen) die Zustellungsvollmacht ausdrücklich beschränkt wurde. Da die wenigstens Richter Lust haben, die ganze Akte nach der Vollmachtsurkunde abzusuchen und diese dann auch noch zu lesen, werden sie die Zustellungen gegenüber dem Beschuldigten direkt vornehmen. Die Polizei wird ganztägig damit beschäftigt sein, die Zustellungen vorzunehmen, die von dem Postzustelldienst als unzustellbar zum Gericht zurückkamen. Denn der bulgarische Postunternehmer, den die Justiz aufgrund des europarechtlichen Diskriminierungsverbotes beauftragen musste, beschäftigt ausschließlich desorientierte Analphabeten, da er trotz Mindestlohn nur 0,72 Euro pro Stunde zahlt. Die Aufklärungsquote sinkt hinsichtlich aller Straftaten auf Null. Das macht aber nichts, weil auch die Zahl der Verbrechen auf Null sinkt: kein Polizist ist zur Aufnahme von Strafanzeigen auf der Wache. RA Siebers kann sich zur Ruhe setzen und von seinen Reserven leben.
Die einen nennen es Propaganda, die anderen wiederholtes hinweisen auf die eindeutige Rechtslage.
Richter, die keine Lust haben und dadurch schwerwiegende Fehler begehen, mag es geben, genau so, wie Polizeibeamte, die nicht auf der Wache sind.
Den "Witz" hinter dieser stakeligen Chaostheorie wird nur verstehen, wer humorlos ist.
an alle AE´s und EA´s: weiter so, es hilft uns allen!
Die eindeutige Rechtslage, da lachen ja die Hühner. Und selbst wenn die Rechtslage so eindeutig wäre, könnte man sich als bekennender Winkeladvokat oder als Organ der Rechtspflege fragen, welche Konsequenzen das eigene Tun hat. Ich für meinen Teil sitze Samstags Morgen noch nicht in aller Frühe vor dem am Computer, um die neuesten Entwicklungen der Rechtswissenschaft zur Frage der fehlenden Zustellungsvollmacht zu verfolgen. Ich werde das auch in Zukunft nicht tun. Und zur Vermeidung von daraus resultierenden "schweren Rechtsverletzungen" werde ich in Zukunft alle Zustellungen an den Beschuldigten direkt vornehmen. Dann wäre ja alles wunderschön und das Recht ist gewahrt. Außerdem sind damit auch die Verteidiger ausgebremst, die schon einen Schritt weiter sind als RA Siebers und auch das Zurücksenden von Empfangsbekenntnissen für einen schweren anwaltlichen Kunstfehler halten. Dadurch kann man im Interesse seines Mandanten - gelobt sei sein Name - auch eine Menge Zeit gewinnen.
beaker, das Huhn lacht spät, aber es lacht noch. Selbst der von riag zitierte Schnarr führt in NStZ 1997, 15 ff aus: "Von der Vorlage eines schriftlichen Nachweises dieses Vertrages ist die Ausübung der Verteidigerrechte nicht abhängig (BGHST 36, 259, 260; OLG Brandenburg NStZ 1995, 52).
Und wenn das Huhn dann zukünftig weiter seiner Faulheit frönt und grundsätzlich an den Angeschuldigten/Angeklagten zustellt und mich nach § 145 a III StPO benachrichtigt, habe ich mit meiner Propaganda den ersten dazu gebracht, sich durch meine Textbausteine ins Bockshorn jagen zu lassen und genau das zu tun, was ich immer erreichen wollte.
Stetes Wort höhlt das Huhn, darauf einen Korn!
Ok.
Es ist also ihr Ziel, dass die Zustellungen direkt an den Mandanten erfolgen. Aber warum?
§ 145 a wurde nachträglich in die StPO aufgenommen, um das Zustellungswesen zu vereinfachen.
Soll es jetzt wieder kompliziert werden? Bei Fristen müssten Sie sich dann auf die Angaben Ihres Mandanten verlassen, was eher zu Problemen für Ihren Mandanten führen dürfte, da im Falle einer Fristversäumung der Verteidiger die Schuld nicht mehr ohne weiteres auf seine Kappe wird nehmen können.
Der eine oder andere Mandant wird seinen Verteidiger vielleicht auch deswegen beauftragt haben, damit er sich nicht selbst um alles kümmern muss.
Und das nur, um körnertrinkend die Richter im Bockshorn zu beobachten, die trotz ihrer grundsätzlichen Faulheit das eine oder andere Mal bemüht sind, in einigen Punkten, die womöglich von größerer Bedeutung sind, das Recht zu finden?
@RiAG: Leider sehe ich diese spannende Diskussion erst heute - war mit der Redaktion des VollMachtsBlos zu seht beschäftigt ;-)
Anyway, lieber "Vollmachts-Blogwart aus Wismar", der offen und mit Namensangabe seine Meinung sagt (und mit derlei "Winkelzügen" schon so manchen Mandanten geholfen hat) als jemand, der sich keifend hinter einem psedowitzigen Pseudonym verbirgt.
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