18 Mai 2010

In die Bibliothek geschickt

Das mochte das Gericht nicht glauben, als ich in einer Strafbefehlssache, in der der Angeklagte (in Absprache mit mir) nicht bei Gericht erschienen war, die Vollmacht, die das Gericht sehen wollte, selbst ausfüllte und für den Mandanten unterzeichnete.

Als ich dem Richter mitteilte, wenn er meine, dass das nicht möglich sei, möge er mich als Verteidiger zurückweisen und den Einspruch gegen den Strafbefehl verwerfen, unterbrach er für mehr als zehn Minuten und verschwandt.

Als er wieder erschien (er hatte wohl die einschlägige Entscheidung gefunden), verhandelte er dann doch - übrigens äußerst fair und offen.

Jedenfalls hat er bezüglich der Unterzeichnung der Vollmacht durch den Verteidiger etwas dazugelernt. Die weiteren Rechtsfragen wird das OLG zu klären haben.

DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung
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12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Welches ist denn die einschlägige Entscheidung?

kj hat gesagt…

Klingt schräg, dass der Vollmachtnehmer die Vollmacht für den Geber unterzeichnen kann.
Denkbar wäre eher eine vom Anwalt beglaubigte Abschrift, die vielleicht auch handgeschrieben werden kann.

Der Richter befürchtete offenbar selbst Schwierigkeiten, wenn es die Vollmacht nicht abscheckt, sondern dem Anwalt einfach glaubt, das eine vorliegt. Wird dann Kungelei mit Anwälten unterstellt.

Als Verteidiger sollten Sie sowieso einen Vollmacht zu den Gerichtsakten reichen und in den Handakten haben. Das erleichert die Verfahrensweise für alle.

Staatsanwalt hat gesagt…

Gemeint ist wohl BayObLG vom 07.11.2001, 5St RR 285/01 (oder juris): Die schriftliche Vollmacht des Verteidigers, durch den sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung vertreten lassen will, kann aufgrund mündlicher Ermächtigung von dem zu bevollmächtigenden Verteidiger selbst unterzeichnet werden.

Staatsanwalt hat gesagt…

veröffentlicht auch in NStZ 2002, 277 oder StV 2002, 476

Tom hat gesagt…

ja Wahnsinn. Was es alles gibt.

fernetpunker hat gesagt…

Das ist doch allgemeines BGB, dass das geht: § 167 II BGB. Warum sollte das im Strafprozessrecht anders sein?

Werner Siebers hat gesagt…

@fernetpunker:

Stimmt, aber fast alle Strafrichter und Staatsanwälte schauen wie die Kuh, wenn es donnert, wenn ich das durchziehe. Und ich kenne kaum einen Kollegen, der diese Möglichkeit kennt.

Gut, dass es ein paar Profis gibt.

Detlef Burhoff hat gesagt…

dann oute ich mich mal als "Profi" :-) und verweise auf Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 6. Aufl., 2010, Rn. 1095. Da steht es auch :-)

Werner Siebers hat gesagt…

@Detlef Burhoff und an ALLE

Ich sags ja immer wieder: Alle sollten den Burhoff lesen! ;-)

Detlef Burhoff hat gesagt…

nicht nur lesen, kaufen. und jetzt ist es gut mit der Werbung :-)

Tobias Feltus hat gesagt…

@ Werner Siebers
Stimmt!

@ Detlef Burhoff
In der 5. Auflage steht es auch schon drinnen ;-)

laertes hat gesagt…

und nicht nur für verteidiger: der 'burhoff' (eigtl. beide burhoffs) wird zumindest in nrw den jungen staatsanwälten als (selbsverständlich käuflich zu erwerbende) lektüre empfohlen...

 

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