02 Mai 2010

Taktisches Rechtsmittel

Die Staatsanwaltschaft hat in einer Jugendstrafsache erkennbar das erreicht, was angestrebt wurde. Das per Abschlussverfügung verbalisierte Maximalziel hat der Amtsrichter nach Antrag des Sitzungsvertreters ausgeurteilt. Alles ist gut - für die Staatsanwaltschaft.

In der Hauptverhandlung ist dem Sitzungsvertrter aber durch die Ausführungen der Verteidigung klar geworden, dass dieses erreichte Maximalziel revisionssicher nicht begründbar ist, es ist schlicht rechtswidrig.

Der Staatsanwaltschaft ist klar, dass dieses Unrechtsurteil, das man haben wollte, einer Sprungrevision der Verteidigung nicht standhalten wird.

Was macht die Staatsanwaltschaft? Sie legt Berufung ein. Warum? Um damit eine Sprungrevision der Verteidigung unmöglich zu machen und die Vorsitzende der Berufungskammer zu bequatschen, was eindeutig leichter möglich ist, als vom Oberlandesgericht zu erwarten, dass dort ein rechtswidriges Urteil gehalten wird.

Mag sich jeder seine Gedanken darüber machen, ob solch ein Umgang mit Rechtsmitteln einer Staatsanwaltschaft würdig sein kann.


DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung
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10 Kommentare:

Matthias hat gesagt…

Was schert einen Staatsanwalt auch Recht und Gesetz, insbesondere natürlich RiStBV Nr. 147?

Werner Siebers hat gesagt…

Recht, Gesetz? Egal, bin doch Staatsanwaltschaft!

Anonym hat gesagt…

Ja, so etwas würden die Verteidiger natürlich niemals machen...insbesondere legen die nie Rechtsmittel am letzten Tag per Fax ein...

Werner Siebers hat gesagt…

@Anonym: Natürlich, fast immer. Aber für den Angeklagten gilt weder die RiStBV, noch ist der Angeklagte aus anderen Gründen daran gehindert, ein Rechtsmittel einzulegen, z.B., um eine Vollstreckung herauszuzögern, Überlegungsfristen zu verlängern etc.

Genau das ist der STA untersagt, siehe auch Nr. 148 RiStBV!

Anonym hat gesagt…

Naja, das nennt man dann wohl faktische Herstellung der Waffengleichheit... ;)

Aber ich kann mir denken, was Sie meinen. Ich persönlich spreche lieber 5 Angeklagte zu unrecht frei, als einen zu unrecht zu verurteilen.

Gibt aber halt auch einige, die vergessen haben, dass sie für die objektivste Behörde der Welt arbeiten ;).

Matthias hat gesagt…

@anonym
Hier von faktischer Waffengleichheit zu sprechen, scheint ja ein ernsthaftes Problem mit der Wahrnehmung zu diagnostieren.
Übrigens Richter machen weder Fehler noch haften sie für irgendwas.

Anonym hat gesagt…

Nun ja, ich würde da zumindest nicht alles schwarz-weiß malen.

Schließlich leisten sich auch Verteidiger einiges, wo man sich nur an den Kopf fassen kann.

Matthias hat gesagt…

@anonym
Wenn Sie nur wie hier selektiv wahrnehmen, welchen Teil lassen Sie für gewöhnlich aus?
Das sollten Strafverteidiger vorher wissen, damit sie nicht so viel nutzloses reden.

RA Neldner hat gesagt…

Nicht schön aber so ist das Spiel (leider). Sperrberufungen der StA sind ein höchst fragwürdiges Spiel. Da geht der Verteidiger schon ein Risiko (Verzicht auf eine Instanz) ein und reduziert die Verfahrenkosten (einschließlicher seines eigenen Honorars!) und dann wird das auch noch zunichte gemacht. Wer auch immer es bezahlt, gewiss nicht der Staatsanwalt, der die Aktion zu verantworten hat.

Anonym hat gesagt…

@Mathias

Ich hoffe, ich verstehe Ihre Frage richtig, dass Sie Beispiele hören wollen.

Ein Beispiel aus einer Sitzung von letzter Woche:

Eine Anklage wegen unerlaubten Waffenbesitzes nach § 52 I WaffG (ging um eine halbautomatische Pistole).
Der Verteidiger argumentiert sehr fantasievoll dagegen:

Der Mandant habe zwar die Waffe illegal erworben, aber der Verkäufer habe ihm gesagt, dass sie eine Ladehemmung hätte.
Weil dies so ist, bezöge sich der Vorsatz des Mandanten auf eine Einschusswaffe nach § 52 III WaffG.

Der junge Richter auf Probe wird unsicher und sieht die Notwendigkeit eines Fortsetzungstermins....

Ganz hoch im Kurs bei Verteidigern ist auch die agressive und suggestive Befragung von unverteidigten Zeugen.
Da werden insbesondere gerne völlige Belanglosigkeiten gefragt, die nichts mit dem Fall zu tun haben, aber man wolle ja die Glaubwürdigkeit des Zeugen prüfen....

 

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