Ich finde es hochspannend, was passieren wird.
Fast täglich bekomme ich Akten auf den Tisch, in denen ich mich über die unendlichen Fantasien von Haft- und Ermittlungsrichtern, Beschwerdekammern und OLG-Senaten erfreuen kann, die an den Tag gelegt werden, um zu behaupten, dass der jeweils Verdächtige wahrscheinlich flugs das Weite suchen wird, wenn man ihn nur lässt:
Fluchtgefahr, das Atlantis der beamteten Strafjuristen. Jeder weiß, es existiert nicht, aber es reizt, es herbeizureden.
Und nun die andere Seite: Verdacht einer schweren Straftat, Missbrauch, vielleicht von Scutzbefohlenen, jedenfalls von Minderjährigen, soziales Umfeld wendet sich ab, berufliche Existenz gefährdet, hält sich zur Zeit (zufällig?) in der Schweiz auf, könnte sich in einen Staat absetzen, bei dem die Frage der Auslieferung problematisch sein könnte: den Vatikan.
Trotzdem würde ich viel wetten darauf, dass die Justiz Argumente finden wird, warum nun ausgerechnet in diesem Fall trotz dieser Voraussetzungen keine Fluchtgefahr besteht.
Wäre ok, allerdings nur, wenn man in allen Sachen ähnliche Maßstäbe ansetzen würde. Aber vielleicht wird man ja auf eine Lex-Mixa verzichten und den Mann genauso einsperren, wie viele andere Beschuldigte, denen viel weniger vorgeworfen wird und bei denen die Voraussetzungen für eine Flucht deutlich schlechter sind.
DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung
9 Kommentare:
Nach den mir bekannten (dünnen) Informationen dürfte ein Haftbefehl schon am hinreichenden Tatverdacht scheitern.
Wenn es so sein sollte, wäre das natürlich in Ordnung.
Man sagt: Die Staatsanwaltschaft sei im Stadium der Vorermittlungen.
Aha !?!
Was soll das sein ?
Das ist die Phase, in der man darüber nachdenkt, wie man unangenehme Kühe vom Eis in den Stall bekommt.
"Kinderschänder raus!"
"Schwanz ab!"
"Warum läuft diese Bestie noch frei herum?"
Ob BILD auch diesesmal eine schöne Kampagne wegen der Kinder starten wird?
#k.
Da wird ja wohl umgekehrt ein Schuh daraus: Es bemerkenswert, wie wenig die Herren Strafverteidiger auf das Geschwätz mit der Unschuldsvermutung geben, sobald ihre antiklerikalen Ressentiments involviert werden.
Dass in diesem Fall niemand auch nur eine Ahnung hat, um welchen Tatvorwurf es überhaupt geht, von Kenntnissen zur Intensität des Tatverdachts ganz zu schweigen, macht es auch nicht gerade besser.
Sehr geehrter Herr Dr. F.,
es gibt viele Kollegen, die mit jedem Blog-Beitrag den Sachlichkeitspreis anstreben - und das ist völlig in Ordnung.
Und ich gehöre oft nicht dazu. Ich provoziere gern; und dann freue ich mich, wenn genau die, die ich meine, so reagieren, wie ich vermute.
Heute hat es mal wieder geklappt.
Mit freundlichen Grüßen
Lieber Herr Dr. F.,
es ist doch erstaunlich, um wieviel mehr die Unschuldsvermutung bei einem Geistlichen gilt, oder nicht. Die Haftakten, die ich auf den Tisch bekomme wollen von der Unschuldsvermnutung meist nicht viel wissen.
Wir wissen ja: Alle sind gleich; nur manche sind gleicher.
Ein Prost auf die Ehrlichkeit.
Sascha Petzold
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